Clemens Happ, Landesinnungsmeister der Friseure Tirol | Credit: Die Fotografen

20.01.2023

Clemens Happ: Warum wir über Mitarbeitermangel froh sein sollten

In seinem Kommentar verweist der Tiroler Landesinnungsmeister auf die großen Chancen und Neues, dass das Friseurhandwerk nun angehen muss!

Unternehmer*innen und Mitarbeiter*innen gleichermaßen sind für eine gesunde, neue Arbeitswelt verantwortlich. Mit innovativen Unternehmenskonzepten und gemeinsamen Anstrengungen zu mentaler Gesundheit. Welche Ansätze ►Clemens Happ, Landesinnungsmeister Tirol, hier sieht und welchen Einfluss Gesellschaft und Politik nehmen sollten ... 

Ein Kommentar von Clemens Happ 

Liebe Friseurkolleginnen und liebe Friseurkollegen,

ich hoffe, ihr seid gut in das neue Jahr gestartet. Für 2023 wünsche ich euch viel Erfolg, Gesundheit und das Allerbeste. Der Jahreswechsel ist für mich immer eine Zeit, mir Gedanken über das neue Jahr zu machen.

Ich glaube, dass das Jahr 2023 ein sehr herausforderndes Geschäftsjahr werden wird: Rückläufige Kundenfrequenz, steigende Löhne, Mitarbeitermangel, hohe Energiekosten, Teuerungswelle, steigende Zinsen, Lieferprobleme, Rohstoffmangel, der Krieg in der Ukraine. Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen. Kurzum: Wir werden dieses Jahr stark gefordert sein.

Obwohl es für viele Unternehmer befremdend klingen wird:
Eigentlich sollten wir über den Mitarbeitermangel froh sein, denn er zwingt uns dazu, eine neue Arbeitswelt und neue Unternehmenskonzepte zu entwickeln. In den letzten Jahrzehnten hat es sehr viele Produkt- und Technologieinnovationen gegeben, aber die Art und Weise, wie wir arbeiten, hat sich nicht wirklich verändert.

Wir benötigen eine neue Arbeitswelt und das heißt für mich:

Wir Unternehmer*innen müssen einiges neu entwickeln:

  • Arbeitszeit- und Motivationsmodelle
  • Ausbildungssysteme
  • Führungsstil

Aber wir müssen auch in anderen Bereichen innovativer werden:

  • Öffnungszeiten an die Kundenfrequenz anpassen
  • Arbeitsorte anbieten, an denen sich unsere Mitarbeiter*innen entfalten und entwickeln können.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen auch ihren Beitrag leisten. Wir benötigen:

  • leidenschaftliche,
  • motivierte &
  • loyale Mitarbeiter und
     
  • mentale gesunden Nachwuchskräfte.
    Daher glaube ich, dass es an der Zeit ist, eine öffentliche Diskussion über die Verwendung von Smartphones und sozialen Medien in der Kindheit und während der Pubertät anzustoßen.

Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen müssen sich auf Augenhöhe begegnen, um die Situation gemeinsam gut zu meistern.

Von der Regierung fordern wir auch einen Beitrag, wie z.B. ein neues Entlohnungssystem:

  • Überstunden und Prämien brutto für netto
  • das Zusatzeinkommen von Pensionisten brutto für netto

Durch den in allen Branchen spürbaren und vorherrschenden Mitarbeitermangel müssen neue Unternehmenskonzepte entstehen. Konzepte, die nicht nur auf Wachstum aufgebaut sind. In Zukunft werden wir uns nicht mehr nur fragen können, was will der Kunde, der Konsument. Wir werden unsere Unternehmenskonzepte an der Anzahl der verfügbaren Mitarbeiter*innen ausrichten müssen. Wir alle werden uns darauf einstellen müssen, dass wir nicht alles jederzeit haben und machen können.

Zum Beispiel: Ich glaube nicht, dass es in Zukunft möglich sein wird, jederzeit ein bestimmtes Restaurant zu besuchen, wir werden uns aber auch an stark reduzierten Öffnungszeiten im Handel gewöhnen müssen.

Unsere Eltern und wir hatten noch die Möglichkeit, uns mit ehrlicher Arbeit Wohlstand aufzubauen. Wohlstand bedeutet für uns, sich Eigentum und etwas Erspartes zu schaffen. Der Wohlstand der Jugend besteht mittlerweile nur noch aus Konsum.

Obwohl wir alle viel arbeiten und sehr fleißig sind, müssen wir jeden Monat schauen, wie wir unsere Kosten decken. Nur ein paar Wenige werden immer reicher und reicher. In Zukunft muss sich einiges ändern.

Sehen wir diese schwierige und herausfordernde Zeit als große Chance & schaffen wir eine neue Welt mit neuen Werten!

Freundliche Grüße
Clemens Happ
Innungsmeister Friseure Tirol