31.01.2018
Christophe Schmutz – Wie geht’s bei L’Oréal weiter
Seit Oktober 2017 ist Christophe Schmutz Geschäftsführer der professionellen Division von L’Oréal Österreich...
Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick
Christophe, wie habt ihr das Jahr 2017 abgeschlossen?
Christophe Schmutz: Es war ein solides, gutes Jahr. Matrix entwickelt sich sensationell, da sind wir eines der stärksten europäischen Länder überhaupt. Redken entwickelt sich auch sehr gut. Kérastase hat erneut seine besondere Positionierung als einzigartige Luxus-Marke bestätigt und Shu Uemura läuft super in den Salons, in denen es steht, das sind halt noch wenige. Bei L’Oréal Professionnel fehlte es uns etwas an Innovationen … Die kommen umso stärker in 2018!
Was hat sich in den Jahren deiner Abwesenheit (2004-2017) verändert?
CS: Die Welt hat sich komplett verändert. Die Technologie hat alles gewandelt. Am meisten verändert jedoch hat sich der Verbraucher, er ist Experte geworden, kennt sich oft besser aus als die Firmen selbst. Das beeinflusst unsere ganze Marktkommunikation.
Inwiefern?
CS: Weg von Masse, hin zu personalisierter Kommunikation. Durch die Digitalisierung können wir heute Botschaften viel zielgerichteter an Konsumenten weitergeben. Eine riesengroße Chance für unsere Branche.
„Unsere Marken engagieren sich seit 109 Jahren zu 100 Prozent für die Friseure.“
Ohne den Friseur?
CS: Um Gottes Willen. Selbstverständlich MIT den Friseuren: Sie sind unsere Partner seit über 100 Jahren. Der Wert unserer Marke kommt von dem „goldenen Dreieck“: „Produkt – Friseur – Salon“.
Sind Friseure denn digital soweit wie der Endverbraucher?
CS: Leider haben viele Friseure die Chance in der Digitalisierung noch nicht wahrgenommen. Das ist eine unserer Prioritäten. Wir wollen die Friseure begleiten, um sich fachlich weiterzuentwickeln.
Christophe Schmutz mit Raphaela Kirschnick
Wo siehst Du digitalen Nachholbedarf beim Friseur?
CS: Es gibt zwei Hauptbereiche: Zum einen Social Media – hier ist die Präsenz der Salons (Website, Facebook, Instagram) enorm wichtig, um sich als Marke zu profilieren. Eine super Möglichkeit, um neue Kunden zu gewinnen. Zum anderen das Thema Onlinebuchung: Ich kenne Salonunternehmer, die unfassbare Kundenzuwächse nur mit Onlineterminplanung erreichen. Ich habe gerade mit einem Partner gesprochen, der mir sagte, zu welch unglaublichen Zeiten seine Kunden Termine buchen, Sonntagnacht und so… Der Endverbraucher erwartet 24/7, hier liegen Chancen.
Soll heißen digitale Salons werden die Gewinner sein?
CS: Ja, auch – aber natürlich bleiben die Mitarbeiter das Wichtigste! Die Salons, die in Mitarbeiter (Weiterbildung) investiert haben, sind schon die heutigen Gewinner und werden es Morgen noch mehr sein. Es gibt den Kunden, aber zuerst gibt es den Mitarbeiter. „Employer Value Proposition“ ist der Schlüssel: wie differenziere ich mich als Arbeitgeber und wie werde ich für diese junge Generation attraktiv. Und da kommt wieder Digitalisierung ins Spiel. Ein Friseur, der sich nicht digital präsentiert, wird von jungen Leuten nicht wahrgenommen, der ist altmodisch.
Wie wirkt sich das auf eure Distribution aus?
CS:Die Distribution hat sich verändert. Mittlerweile sind 47% des Marktes EPUs. Das hat einen Riesen Impact: Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir mit diesen Leuten kommunizieren, die sehr personalisierte Kommunikation benötigen.
„Großhandel ist der verlängerte Arm unseres Direktvertriebes“
Wie geht ihr mit EPUs um?
CS: Es stellen sich zwei Fragen: Welche Marke ist für sie die richtige und über welche Vertriebsschiene erreichen wir sie? Mit Direktvertrieb ist das ja nicht rentabel, ergo setzen wir hier stark auf den Großhandel als Partner, quasi als verlängerter Arm unseres Direktvertriebes.
Welche Veränderungen dürfen wir von dir erwarten?
CS: Wir wollen viel kunden- und konsumentenorientierter sein, unser Markenportfolio stärker spielen und auf neue Trends wie Naturality mit größeren Innovationen setzen.
Was sind eure Stärken?
CS: Unser Markenportfolio mit so klaren Positionierungen, das hat kein Mitbewerber. Das ist ganz klar eine unserer Stärken, die wir noch weiter ausbauen wollen.
Ist ein riesiges Markenporfolio für den Friseur denn relevant?
CS: Im Colorationsbereich braucht der Friseur sicher nicht mehrere Marken. Um aber den Verkaufsbereich zu entwickeln, wird nur eine einzige Marke zu führen die Erwartungen der Endverbraucher nicht erfüllen.
Wird die derzeitige drei Säulen Vertriebsorganisation bestehen bleiben?
CS: Teilweise bist du da jetzt mit deinem Interview zu früh (lächelt). In den letzten drei Monaten war ich häufig in Salons und habe viele Friseure getroffen, um zu verstehen, wie der Markt funktioniert, was er erwartet und wie wir unsere Partner noch stärker unterstützen können.
„Zukünftig wird es Salon Emotion Developer geben“
Gibt es Baustellen?
CS: Es gibt keine Baustellen, es gibt Businessprioritäten und da ist unser Fokus längst nicht mehr nur Produkte zu verkaufen, sondern die Friseure erfolgreich zu entwickeln. Vertreter müssen Businessberater werden. Friseure wollen wissen, wie man eine neue Leistung an den Kunden transportiert.
Die zweite Priorität ist Salon Emotion. Wir wissen jetzt, dass dieses Konzept erfolgreich ist und wollen damit die Friseure unterstützen, um das Erlebnis der Endverbraucher in den Salons zu optimieren. Hierfür wird es zukünftig Salon Emotion Developer geben, soviel kann ich verraten.
2018 steht ganz im Zeichen von Nachhaltigkeit und Natur. Hat L’Oréal hier überhaupt eine Glaubwürdigkeit?
CS: Wenn es um Nachhaltigkeit Richtlinienerfüllung geht, waren wir eine der ersten Firmen mit unserem Programm „Sharing Beauty with All“ und haben auch viele Preise gewonnen. Wir stehen beispielsweise gerade auf Platz 1 vom Newsweek Green Ranking, von insgesamt 500 untersuchten Unternehmen. Außerdem haben wir Bestnoten von CDP (Carbon Disclosure Program) in allen drei Kategorien Klimaschutz, Wassermanagement und Schutz der Wälder erhalten. 2017 wurden wir außerdem zum 8. Mal als eine der Most Ethical Companies ausgezeichnet – unter anderem wurde hier auch unser Nachhaltigkeits-Commitment bewertet.
Ich bin außerdem stolz, dass wir bei einem Plus von 30% in der Produktion gleichzeitig 67% CO2 Emissionen, 35 % Abfall und 48 % Wasser eingespart haben.
Ich bin also überzeugt davon, dass wir eine Glaubwürdigkeit haben, wir haben sie nur noch nicht genug kommuniziert.
Und in Punkto Natur?
CS: Da machen wir nun unsere ersten Schritte und wenn ich den Erfolg von Biolage R.A.W. sehe, dann will das auch der Markt. In diesem Jahr folgen zwei Riesen-Innovationen: mit „BOTANEA“ etablieren wir die erste hundertprozentige Pflanzenfarbe und mit „Source Essentielle“, der veganen Haarpflegelinie, eine besondere Formulierung, eine innovative Verpackung und ein Refillsystem. Das ist auch eine große Maßnahme, um den Kunden an den Friseur zu binden, Refill kann man nicht im Internet bestellen.
Wie siehst Du das österreichische Ausbildungssystem?
CS: Ich bin überzeugt, die duale Ausbildung ist super. Aber es wird in Zukunft nicht ausreichen, um junge Leute anzuziehen. Es wird immer mehr Leute geben, die ganz eigene Wege gehen wollen, dafür benötigen wir Alternativen. Dennoch gibt es in Österreich weitaus bessere Möglichkeiten als in Deutschland.
Was kann für das Image noch getan werden?
CS: Es gibt so viele Friseure, die richtig gut verdienen, wenn sie talentiert sind. Wir müssen diese Beispiele nur viel mehr auch nach außen kommunizieren. Die Karriereleiter – von Stylist zur Salonleitung bis zum Management – hat viel Spielraum.
„Wir brauchen EINE Messe für die Branche, die eine positive Außenwirkung hat…“
Messe Austria … brauchen wir diese oder nicht?
CS:Wir brauchen keine Messen in Salzburg, Graz und Wien, das kann sich kein Unternehmen leisten. Sondern wir brauchen EINE gute Messe für die Branche, die zusätzlich auch nach außen eine Wirkung für das Image der Branche hat. Somit sollten wir auch Endverbraucher involvieren.
Endverbraucher?
CS: Der Friseur hat nicht das Image, das er verdient haben sollte und das muss unser Fokus sein. Alles auf der Messe sollte auch für den Kunden erlebbar sein, so wie es Automessen machen.
Dein Wunsch?
CS: Wir müssen alle an einem Strang ziehen und uns zusammensetzen. Jede Marke soll die gleiche Größe haben, die gleiche Ausgangsposition. Die Automesse macht das jedes Jahr erfolgreich.
Das Ziel der Messe muss sein: Die Branche aufzuwerten und die Leute stolz zu machen.
„Das Haar ist das erste Mode-Accessoire“
Mit der Fashion Week lebt ihr das ja schon ein wenig!
CS: Ja, denn wir sind Teil der Mode, das Haar ist das erste Mode-Accessoire. Gemeinsam entwickeln wir Fashion mit den Designern.
Werdet ihr weiter Partner der Vienna Fashion Week bleiben?
CS: Ja, wir sind auf jeden Fall weiter Partner der Vienna Fashion Week.
Dein Wunsch an deine Arbeit?
CS:Ich wünsche mir zuerst, nach wie vor so viel Spaß zu haben wie jetzt. Ich bin so dankbar in so einer tollen Branche zu arbeiten. Ich wünsche mir, führender / bevorzugter Partner der Friseure zu sein, die sich schneller entwickeln wollen als der Markt.
Intern wünsche ich mir ein ‚Great Place to Win‘ zu sein. Menschen wollen nicht nur arbeiten, sondern Mitarbeiter wollen Spaß, Freude und Erfolg haben.
Christophe, ich danke Dir für das Gespräch und wünsche Dir weiterhin viel Erfolg!