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04.12.2014

BEgreifbar - BrockmannundKnoedler im Seminar

Seit 2002 gehört die Akademie BrockmannundKnoedler zu den meist beachteten Friseurschulen der Branche. Zu Beginn überwog jedoch die Skepsis ob ihrer Schlagworte Organic Haircutting und Coloring. Was sollte das bedeuten, Haare "organisch" zu schneiden, welcher Sinn und Zweck wird damit verfolgt?

Ein Bericht von Aaaron Leufen
 

Das Ehepaar Petra Brockmann und Thomas Brockmann-Knödler sind ein tolles und sympathisches Team, modisch, leidenschaftlich, bis in die Details perfekt und sind mit qualitativ hochwertiger, technisch perfekter Arbeit zu einem Fixpunkt im deutschsprachigen Raum geworden. Zwölf Jahre nach dem Start ihrer Akademie wird es Zeit, Neuerungen in Angriff zu nehmen. Bei BEgreifbar luden Brockmann-Knödler und Team nach Dresden, um ihre Sicht der Zukunft unserer Branche zu präsentieren.

Über hundert Teilnehmer fanden sich für zwei Tage in ihrer Eliteschule ein, um die neusten Ideen des Teams BuK zu erleben. Nur wenige waren tatsächliche Neukunden (oder solche, die es vielleicht werden wollen), trotzdem lieferte das Team auch bestehenden Kunden viele interessante Aspekte, um Friseurdienstleistungen zu neuem Wert zu verhelfen.

Doch was ist denn jetzt genau "Organic Haircutting"? Die Idee dahinter ist so einfach wie schwierig zu formulieren, wenn man noch nie einen Haarschnitt in seiner Entwicklung selbst gesehen hat. Laut Thomas Brockmann muss jeder Schnitt mit den Haaren der Kundin "mitwachsen" und nicht "herauswachsen". Das gilt genauso für Haarfarben, aber dazu später mehr.

BuK schneiden Haare stufig, ohne stufig auszusehen. Linien verschwimmen ineinander, ohne harte Kanten oder Übergänge, weiche Formen statt grafische Strukturen sind das tragende Element bei Organic Haircutting.

Neben optimaler Beratung wird auf die individuellen Gegebenheiten des Kopfes der Kundin Rücksicht genommen. Natürlicher Fall wird durch konsequentes ziehen ohne Zug und Druck erreicht, selbst Überlängen werden in Kauf genommen um Wirbel und unterschiedliche Haarqualitäten zu berücksichtigen, ohne zuviel ausgleichen zu müssen.

Das Werkzeug

Die Schneidescheren wurden mit Hilfe von Tondeo entwickelt, der revolutionäre "Tulpenschliff" der Modellierscheren ermöglicht es, die Schere im Passé zu schließen und im geschlossenen Zustand aus dem Passé wieder heraus zu ziehen - ohne zu reißen. Glatt geschliffene Scheren werden nicht verwendet, einseitige Zahnung ist Pflicht, da die Haare nicht nass sein dürfen. Obwohl die Schnitte auf dem ersten Blick im nassen Haarzustand ungenau erscheinen, entwickeln sie doch eine perfekte Linie wenn die Haare getrocknet sind. Dabei wird bereits bei der Beratung erfragt, wie die Kundin mit ihren Haaren umgeht, welche Werkzeuge oder Hilfsmittel sie nutzt. Das individuelle Styling der Kundin wir also so einfach wie möglich gestaltet. Rundbürsten werden kaum verwendet, lediglich Skelettbürsten, wobei auch dabei kaum mit Zug gearbeitet wird. Höchstens mit Glätteisen oder Lockenstab werden Haare geformt, künstliche Bewegung wird nicht eingesetzt.

Die Kundin selbst wird bei jedem Arbeitsgang aktiv eingebunden. Abwechselnd wird stehend und sitzend gearbeitet, der Kopf in alle Richtungen geneigt. Auch hier gilt; Natürlichkeit bleibt Trumpf. Organisch eben.

Die Haarfarben

Auch hier zieht sich der organische Stil ebenfalls durch. Die Wahl der Farben beschränkt sich auf Color Touch und Magma bzw. Blondor, zumeist mit niedrig angesetzten H2O2 Gehalt um fließende Farbverläufe ohne Ansatzbildung zu erreichen. Farbe muss, wie der Haarschnitt, mit wachsen und, ohne gefärbt auszusehen, schöne, natürliche Töne erreichen. Hat eine Kundin unpigmentierte Haare wird damit konsequent gearbeitet - deshalb bleibt grau auch grau. Der Trick dabei ist, dies sogar mit feinen Strähnen zu verstärken.

Apropos Strähnen - bei umfangreichen Veränderungen kommen dann gut und gerne 200 Folien auf den Kopf, millimeterweise gefädelt oder in feinen full-slices, um Farbmischungen wie Weiß mit Gold zu einem wunderschön harmonisierenden Farbton zu kombinieren. Da fast ausschließlich mit Magma gearbeitet wird (und nicht zu knapp) spielen Farbtechniken nach Organic in einer sehr hohen preislichen Liga, nicht nur in Hinblick auf die Materialkosten.

Die Philosophie

BrockmannundKnödler steht für perfektes Handwerk in Schnitt und Farbe, aber auch für ein Gesamtwerk aus Kunst und Design in allen Variationen. Die Strategie von BuK umfasst alle Anforderungen für Friseure mit dem nötigen Kleingeld. Salondesign wird von Architekten übernommen, Flyer, Preisschilder und Logos werden von kompetenten Grafikern gestaltet. All das im unverkennbaren Stil von BrockmannundKnödler. Auch in Bereich Management, Mitarbeitführung, Kommunikation und Betriebswirtschaftliche Ausbildung greifen BuK auf Profis zurück, welche ihr Wissen in umfangreichen Trainings weiter geben.

Die Wahl von BrockmannundKnödler, ihre Philosophie durch alle Bereiche zu ziehen, spiegelt sich in ihren Partnern wieder. Hans Peter Huber leitet seit 15 Jahren das Schulungsunternehmen Progredi AG. Der Grundsatz seiner Schulungen verbindet Buddhismus und Humanistische Psychologie, Glaube an das Gute im Menschen, und die Annahme, das alle Menschen nach Selbstverwirklichung, Reife und Toleranz anderer und anderem gegenüber streben. Philosophie und Friseur klingt im ersten Moment sicherlich hoch gestochen, passt aber sehr gut zu den Anforderungen, die unser Beruf in Zukunft mitbringen werden.

Der nächste logische Schritt ist, ganz klar, eine selber produzierte Produktlinie, die den Organic Way für die Kundin zu Hause weiter gehen lässt. Paraben- und komplett silikonfreie Produkte mit niedrigen pH - Wert sollen für glänzende, gepflegte Haare sorgen und das Styling der Kundin unterstützen. Ab März werden diese auf den Markt gebracht, zunächst in kleiner Auflage.

...und was kostet es?

Was bleibt ist die große Preisfrage. Das System BuK funktioniert nur im Ganzen, Organic Haircutting oder Coloring ist kein Einmalseminar, sondern ein Schulungsprozess der sich über Jahre hinziehen kann, und über reines Technik- und Handwerksverständnis hinaus geht. Aber ein kräftiges Budget abverlangt.
Zwar wird bei jedem Teilnehmer das individuelle Können berücksichtigt und überprüft, trotzdem werden sich selbst erfahrene Friseure wieder wie Lehrlinge fühlen, die Arbeit nach Organic verlangt viel neu zu denken und zu erfahren.

In Hinblick auf die Kosten, die das BrockmannundKnödler System zweifelsohne hat, stellt sich für Unternehmer die Frage, ob die eigenen Kunden gewillt sind, für einen Haarschnitt oder Farbe über 100€ (oder teilweise auch mehr) zu bezahlen. Bei der optimalen Beherrschung der Technik sprechen die Ergebnisse für sich selbst, ein Schnitt behält dann schon mal ein paar Monate seine Form und Kunden werden ein komplett neues Gefühl für ihre Haare haben. Trotzdem, BuK im Salon funktioniert entweder ganz, oder gar nicht. Das sollte dem geneigten Interessenten immer bewusst sein. Organisches Arbeiten erfordert ein komplettes Umdenken der eigenen Philosophie und ist, in seiner Gesamtheit, für das gros der Friseure sehr schwierig umsetzbar. Wer sich aber von der Masse abheben möchte, der sollte einen intensiven Blick auf BrockmannundKnoedler werfen. Allein, um sich neue Aspekte, Ideen und Bilder zu holen. Große Kunst, aber es geht noch immer "nur" um Haareschneiden.