BIM Wolfgang Eder | Credit: Chris Hofer

16.08.2022

Wolfgang Eder: Kein politischer Wille zur Mehrwertsteuersenkung

Vollkasko-Mentalität, Mehrwertsteuersenkung, Kollektivvertragsverhandlungen, Fachkräftemangel und Branchenwerbung: Ein Kommentar von Bundesinnungsmeister Wolfgang Eder ...

Ein Kommentar von Bundesinnungsmeister KommR. Mst. Wolfgang Eder

Beim Verfassen meines letzten Artikels im Frühjahr dachte ich, je näher der Sommer kommt, umso leichter wird der Umgang mit Corona und umso einfacher das Unternehmertum sein. Anfangs bestätigten die rückläufigen Zahlen meine Annahme. Seit ein paar Wochen jedoch erscheint für mich alles in einem anderen Licht. Rapide steigende Ansteckungen sowie erste Absagen von Veranstaltungen. Vermehrt mache ich mir Gedanken, wie ich selber in meinen Salons damit umgehen soll. Ich denke die Masken werde ich bald wieder einführen, auch ohne gesetzliche Verordnung. Denn Krankenstände verbunden mit Fachkräftemangel erscheint mir das schlechtere Los zu sein.

Eigenverantwortung vs. staatliche Unterstützung?

Die derzeit widrigen äußeren Umstände lassen uns wirtschaftlich nicht unbedingt sorgenfrei in die Zukunft sehen. Aber sollten wir nicht nur auf Unterstützung durch den Staat hoffen, sondern ist es nicht auch an der Zeit, um sein eigenes unternehmerisches Tun einmal infrage zu stellen? Oder den neuen Umständen entsprechend zu überdenken und sich neu zu organisieren?

Derzeit herrscht, so sehe ich das, eine Einstellung als müsste jeder wirtschaftliche Nachteil einer von der Norm abweichenden Situation durch den Staat ausgeglichen werden - eine Art Vollkasko-Mentalität. Energiezuschuss, Inflationsabgeltung, Fahrtkostenerstattung, Benzinpreisdeckelung, um nur einige Beispiele zu nennen. Wer aber ist der Staat? Sind es nicht wir ALLE und müssen nicht wir für erhöhte Staatsausgaben wiederum vermehrt einzahlen? Ist der Wunsch der Bürger*innen nach mehr Eigenverantwortung mit der Forderung nach mehr staatlicher Unterstützung kompatibel? Vielleicht wäre ein Zurück zu weniger Förderung und Ausgleichszahlungen hin zu weniger Abgaben und Steuerlast der bessere Weg?

Seit 2016 arbeitet der Bundesinnungsausschuss an einer Mehrwertsteuersenkung.
Derzeit gibt es keinen politischen Willen aller Parteien dazu, lediglich das Präsidium sowie die Sparte der Wirtschaftskammer Österreich unterstützt uns dabei. Nach dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“ lassen wir nicht locker.

Deregulierung und Verhandlungen

Die Gewerbeordnung ist ein häufiges, teils mit viel Verärgerung diskutiertes, Thema bei all unseren Sitzungen. Mit dem Wissen, dass alle Parteien, mit Ausnahme der ÖVP und dem Wirtschaftsbund, für eine Deregulierung eintreten, muss hier mit gebotener Vorsicht bei entsprechenden Stellen vorgegangen werden. Eine Deregulierung, das heißt keine Zugangsbestimmung zum Gewerbe, ist ohne Zweifel schlechter als eine Regelung mit Schwächen. Ausnahmen nur für Friseure wird es nach meiner Einschätzung, die sich auf viele Gespräche begründet, nicht geben. Zur Information finden Sie die Gewerbezulassungsverordnung, die für jedes Gewerbe bindend ist, im Blattinneren.

Kollektivvertragsverhandlungen stehen im Herbst ganz sicher im Raum. Die Forderungen der Gewerkschaft werden hoch sein. Die 4-Tage-Woche ist in aller Munde. Wenn dies in einer Arbeitszeitverkürzung endet, gibt es von mir keine Zustimmung. Eine 4-Tage-Woche mit 40 Stunden lässt unser Kollektivvertrag bereits zu, auch hier müssten im KJGB die Möglichkeiten zur Beschäftigung von Lehrlingen geändert werden. Diese dürfen nur maximal 9 Stunden pro Tag beschäftigt werden. Somit kann bei einer 4-Tage-Woche die Ausbildung nicht korrekt durchgeführt werden. Weiters werden wir nur über Mindestlöhne verhandeln. Eine Entscheidung, ob Überzahlungen möglich sind, muss bei den Unternehmer*innen bleiben. Wie überhaupt die Möglichkeit zu eigenen, konzeptionellen Lösungen bleiben muss.

Fragen zu den freiwillig gewährten Umsatzprämien bei der Berechnung der Sonderzahlungen für die Mitarbeiter*innen treffen immer wieder bei der Bundesinnung ein. Wir informieren seit der Verankerung im Kollektivvertrag laufend darüber. Ein Arbeitsrechtsexperte der Universität Innsbruck hat, auf Initiative des Tiroler Landesinnungsmeisters Clemens Happ, eine Erklärung zum besseren Verständnis zur Verfügung gestellt, nachzulesen im Blattinneren.

Sonderfreistellung von Schwangeren

Die Bundesinnung fordert seit Monaten die Aufrechterhaltung der Regelung, dass der zuständige Minister diese jedoch mit Verordnung bis 31.12.2022 wieder einführen kann, lässt uns hoffen. Ob bzw. wann diese Verordnung erlassen wird, ist noch nicht absehbar. Soweit der Wissensstand zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Schreibens.
 

Werbekampagne für die Zukunft unserer Branche

Gerade wegen all dieser Herausforderungen und Unsicherheiten liegt uns die Zukunft unserer Branche am Herzen. Die Suche nach Mitarbeiter*innen und Lehrlingen ist mittlerweile auch bei uns Friseuren sehr groß. Dieses Thema gehen wir von der Bundesinnung auf mehreren Ebenen an. Zum Beispiel über die Kollektivvertragsverhandlungen oder die Verhandlungen zur Senkung der Mehrwertsteuer. Und was ganz wichtig ist, auch über das Image, das in der Öffentlichkeit von unserem Beruf vermittelt wird. Darum haben wir – wie berichtet - im Herbst 2021 einen kreativen Prozess für eine Werbekampagne gestartet, die unsere Branche mit allen Tätigkeitsbereichen attraktiv darstellen soll.

Nach einer Umfrage zum Image unseres Berufes, näheres ist in dieser Ausgabe nachzulesen, und dem Workshop mit dem Institut für Angewandte Gewerbeforschung war die Richtung klar: Wir werden uns in Zukunft als STYLIST:IN/ FRISEUR:IN bezeichnen, so wie in der Ausbildungsverordnung verankert bzw. im Qualifikationsstandard der Meisterprüfungsverordnung beschrieben. Es ist mehr als eine neue Verpackung, es ist das, was schon seit jeher Kern unserer Tätigkeit war: das Styling mit Fokus auf Haare, aber auch Gesicht und Hände gehören dazu. Nach entsprechender Ausschreibung fiel die Entscheidung auf die Linzer Agentur Frischblut, die uns mit ihren Vorschlägen und ihren Erfahrungen im Bereich „Branchenwerbung“ überzeugte. In Kombination mit den Agenturen Hellweiß aus Salzburg, die uns schon seit vielen Jahren beim Social Media Auftritt unterstützt, und Komm-Art aus Waidhofen/Ybbs, haben wir ein sehr kompetentes Team für unseren Werbeauftritt gefunden.

Wir freuen uns sehr, wenn wir Ihnen im Herbst die neue Kampagne vorstellen dürfen, von der unsere Branche, aber auch jeder einzelne Salon und Sie als Unternehmer*in profitieren werden!

Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen, gesunden Sommer und falls noch nicht eingetroffen einen schönen erholsamen Urlaub

Ihr Bundesinnungsmeister KommR. Mst. Wolfgang Eder