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12.01.2021

Saniye Ilter´s Corona-Resümee: Mission erfüllt!

Powerfrau geht auch ruhiger – das musste Saniye Ilter schmerzhaft lernen. Von der 50 Stunden Woche zu einer entspannten Salonchefin, die Billigfriseure nicht aufhalten können und der keine grauen Haare wachsen, wenn Lehrlinge länger schlafen.

Im Telefoninterview mit Katja Ottiger

Saniye, wie geht es dir im dritten Lockdown?
Saniye Iltner:
Es geht mir gut. Wenn man Stress gewöhnt ist, ist es ein komplett anderes Leben, ich hatte noch nie so viel frei! Alles wird langsamer, Dinge, die normalerweise nebenbei laufen, werden zum Tagesprojekt. Ich gebe zu, ich musste lernen, die Ruhe zu genießen.

„Wir in der Dienstleistung machen eine Knochenjob und der Ansturm auf unsere Geschäfte vorher und nachher ist hart.“

Findest du die Verlängerung des Lockdowns bis voraussichtlich zum 24.01. angemessen?
SI:
Ich fand den zweiten Lockdown nicht sinnvoll und den jetzigen zu lang. Dass man diesen über die Feiertage machte, war gut, die Eröffnung am 18.01. wäre besser gewesen, um den Rhythmus der Kunden abzudecken. Wir in der Dienstleistung machen eine Knochenjob und der Ansturm auf unsere Geschäfte vorher und nachher ist hart.

Du hast aktuell 3 Lehrlinge in der Ausbildung. Wie war das in 2020?
SI:
Während des Lockdowns auszubilden ist sehr schwer. Im ersten Lockdown haben wir regelmäßig über Facetime und Whats-app Kontakt gehalten. Dennoch, Lehrlinge zu aktivieren, ist nicht einfach, zu oft wird auf meine Nachrichten erst am Nachmittag reagiert. Deswegen lasse ich mir keine grauen Haare wachsen. Wenn sie wieder im Salon sind, sind sie wieder top, das weiß ich.

Im ersten Lockdown hattest du hin und wieder auch kleine Trainingsvideos gemacht…
SI:
Ja, aber das lasse ich erst einmal aus, man wird eh überschüttet - auch da bin ich chilliger geworden (lacht).

Auf Facebook hast du deinen Neujahrsvorsatz gepostet: „Mich mehr zu lieben und für mich zu sorgen“ – was muss sich dafür ändern?
SI: Mein Privatleben! Hätte mir jemand vor 10 Jahren gesagt, dass ich wandern ginge, hätte ich gesagt: „Du spinnst!“ Seit dem ersten Lockdown jedoch gehe ich laufen, wandern und ich habe begonnen Yoga zu machen und zu meditieren. Das hilft, mich mit mir selbst auseinander zu setzen.

„Jetzt bin ich an der Reihe – ich habe meine Missionen erfüllt.“

Die Powerfrau in Dir wird ruhiger?
SI:
In den letzten 20 Jahren habe ich alleine die Kinder großgezogen und das Geschäft aufgebaut. Dafür habe ich sehr hart gearbeitet, im Schnitt 50-60 Stunden in der Woche. Ich habe mich um meine Mitarbeiter und Lehrlinge gesorgt und die letzten 3 Jahre um meine sehr kranke Mutter. Ich bin Trainerin, Unternehmerin, Managerin, Mama und zuletzt war ich Altenpflegerin. Ich bin für alle unzerbrechlich. Ich hatte nie Zeit für mein privates Leben. Nicht zuletzt mein Schneidedaumen und meine Probleme in der Schulter haben mir gesagt, dass ich etwas ändern muss. Jetzt bin ich an der Reihe! Ich habe meine Missionen erfüllt.

Was hat dich 2020 am meisten bewegt?
SI:
Der Tod meiner Mutter. Durch den Lockdown durfte ich wirklich viel Zeit für sie haben, das war schön.

Was sind deine Learnings aus dem Jahr 2020?
SI:
Freizeit ist planbar und es gibt Wertschätzung abseits des Strudelns! Ich habe mich gefreut, Leuten nicht nur im Salon, sondern auch auf der Straße und im Park zu begegnen und auf diesem Weg ins Gespräch zu kommen.

Welche Förderungen hast du in Anspruch genommen?
SI
: Ich habe meinen Salon seit 11 Jahren und ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wie sich das ausgegangen wäre, als ich damals begonnen hatte.
Im ersten Lockdown habe ich einen kleinen Überbrückungskredit aufgenommen, der so kalkuliert war, dass ich bis Ende des Jahres damit klarkommen kann. Ich bin froh, dass es den Härtefallfond gibt, denn von irgendetwas muss ich als Selbstständige auch leben. Schlaflose Nächte hatte ich bis jetzt nicht, mit den Unterstützungen wie Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz geht es sich aus.

Welche Pläne hast du für 2021?
SI:
Digitalisierung im Salon! Einen Kurs dazu an der WKO belegen, endlich einen Online Terminkalender umsetzen und mit meinen Mitarbeitern mehr an Online-Meetings arbeiten. Damit sind wir alle viel flexibler. Und ich möchte mich etwas aus dem Salon zurückziehen. Meine Tochter macht gerade bei mir Lehre mit Matura und ist im Sommer ausgelernt und ich möchte eine weitere Mitarbeiterin aufnehmen.

„Billigfriseure haben mich weniger interessiert, als die Frage, wie mein Salon unterstützt werden kann.“

Was hat dich in den letzten Monaten geärgert?
SI
: Dass wir innungstechnisch allein gelassen wurden, gerade im ersten Lockdown. Meine ersten Infos bekam ich immer über imSalon.at und meine Partnerfirma Paul Mitchell, darauf konnte ich mich immer verlassen.
Ich hätte mir von der Innung und ganz speziell von unserem Innungsmeister mehr Unterstützung erwartet. Die Billigfriseure haben mich weniger interessiert, als die Frage, wie mein Salon unterstützt werden kann. Hier bekamen wir die Infos immer sehr spät. Zu den Billigfriseuren hätte ich lediglich zwei Fragen: Wieso kann es diese 10 Euroshops geben und woher bekommen die ihren Gewerbeschein?

Saniye, vielen Dank für deine spontanen Antworten und ein gesundes Jahr für dich!
 

Insider of Hair - Fakten

  • 1 Salon in Wien
  • 4 Mitarbeiter | 3 Lehrlinge
  • Saniye Ilter -Trainerin für Paul Mitchell Österreich
  • www.insiderofhair.at
  • instagram: @insiderofhair | Facebook: @saloninsider