01.06.2017

Sabine Minks ist Schminks

Ein Loft, ein Kunde, ein Hinterhaus-Konzept mit Gefühlsschneiderei und angemessen Zeit: Das bietet Sabine Minks ...

Im Interview mit Katja Ottiger
 

imSalon: Du bist aufgewachsen im deutschen Allgäu. Was verschlug dich nach Wien?
Sabine Minks: Ich wollte weg von zu Hause in die große weite Welt. Berlin war zu hektisch, München zu nah, Wien ist cool.

Schminks - der Name ist naheliegend!
SM: Findest du? Für mich war er das nicht. Ein Freund hat mich darauf gestoßen und sagte einfach so: Ganz klar Sabine Minks = Schminks! (lacht.)

Das Schminks Loft, deine Home-Base, vereint Kunst und Kommunikation!
SM: Ja, hier geht es um Mode von Atelier Studio Gampe und um Haar- und Make-Up Kunst. Außerdem habe ich immer etwas zu erzählen, so wie meine Kunden auch. Somit geht es um Kommunizieren und Netzwerken.

Du bist ein Ein-Frau-Konzept. Warum?
SM: Weil ich persönlicher und wertvoller arbeiten wollte. Meine Schlagworte sind Persönlichkeit, Nachhaltigkeit, Leidenschaft ins Detail: Ein einziger Kunde, ein Schneidetermin, der mindestens eine Stunde dauert, bei langen Haaren gern auch mal zwei. Das gönne ich mir und dem Kunden, das ist meine Wertigkeit.

Kannst du davon leben?
SM: Das ist immer die Frage, was will ich, wie viel brauche ich? Ich kann davon leben und meine Sachen zahlen. Ich arbeite 40 Stunden am Kunden. Ich kalkuliere „ab Preise“. Ab 48,50 Euro Farbe am Ansatz, hinzu kommen noch Länge und Spitzenausgleich. Gute Farbe, guter Schnitt, ca. 2 Stunden ca. 150,-. Ich nehme mir Zeit, denn wenn wir alle runter rattern wie blöd, hat keiner was davon.

"BUK hat erstmal alles über den Haufen geworfen."

Wir waren beide gerade erst bei ► BrockmannundKnoedler´s Hausmesse in Dresden. Beeindruckendes Event! Was mir bei denen wirklich gut gefällt, ist deren eigene Handschrift bei Farben und Schnitten, ich mag diese Microponys ...
SM: Ja! Das ist deren Schneidetechnik „Organic Haircutting“. Ich bin jetzt beinahe 2 Jahre dabei, bin auf dem Ausbildungsweg zur Lizenz „Organic Haircutting“ und im Sommer folgen "Haarschnitt" und „Mehrwert“. Ich war immer eine Gefühlsschneiderin, auf Basis von Pivot Pivot, Meininghaus, Vidal Sassoon ... Und dann lernst du Petra (Petra Brockmann, Anm.) und Thomas (Thomas Brockmann-Knoedler, Anm.) kennen und bekommst eine neue Struktur, einen neuen Aufbau und es würfelt erst mal alles über den Haufen und du denkst: Gut, ich kann nicht mehr Haare schneiden! Und du bekommst Panik. Weil natürlich deine Kreativität und deine Intuition erstmal zurückgestellt werden und die Struktur der Vordergrund ist. Und dann werden alle Schnitte sehr kompakt, sehr voll, voluminös. Dann kommt die Intuition wieder, es macht "klick", die Struktur und die Intuition vereinen sich, alles ist Proportion und Gefühl. Wenn du Petra siehst, wie sie in die Haare greift, das ist einfach toll. Du siehst diese Sensibilität! Die beiden haben preisfrisiert und einen unglaublich geschulten Blick. Sie nehmen praktisch deine Hand und sagen dir: „Jetzt mach doch da mal hier einen Schwung!“ Ich mache den Job jetzt seit zwanzig Jahren, aber wenn du dich mit dem Haar so beschäftigst wie die beiden, lebt alles noch mehr.

Du stellst sukzessive auf „Organic Lifestyle“ um. Gehen deine Kunden diesen neuen Weg mit dir?
SM: Fast alle. Manche mögen eben das Shampoo, dass sie immer verwendet haben. Das ist eine eigene Entscheidung, die respektiere ich. "Organic Lifestyle" bedeutet ja richtig Haare zu waschen, das Haar zu baden, sich damit Zeit zu lassen, damit es frei ist von allen Rückständen und es sich wieder wie Haar anfühlt.

Du färbst mit Redken, bzw. wie BUK Wella. Wie ist das jetzt mit dem Organischen?
Ich habe organisches Färben ja noch nicht gelernt, das folgt im nächsten Schritt. Aber da ich weiß, dass sie nicht so hochprozentig färben, versuche ich halt auch neue Dinge aus und merke: Hey, ich brauche ja gar keine 6%, 4% und 1,9% tun's auch!
Natürlich habe ich noch meine Wella und Redken Kunden, ich war ja Redken Artist in Österreich. Ich finde, beide Marken haben unterschiedliche Hintergrundfarben. Ich entscheide, wie es zum Kunden passt. Ich brauche Magma, die ist supergeil und ich habe HD Resolution, superintensiv Tönungen mit Mega-Glanz. Klar, was bei beiden fehlt: sie sind nicht organisch. Dafür habe ich die Pflegeprodukte von BrockmannundKnoedler „Organic Lifestyle“. Weißt du, ich mache viel Yoga, ich ernähre mich gut, trinke wenig Alkohol. Alles auf Harmonie bedacht. Deshalb war ich auf der Suche nach einem kleinen, simplen Sortiment und das hab ich damit gefunden, Inhaltstoffe wie Mais, Tomate, Zuckerrübe und recycelbare Verpackungen.

Es gab da mal Vorwürfe, BUK leben und vermitteln ein enges Gemeinschaftsgefüge. Wie siehst du das?
SM: Vielleicht mag das für den ein oder anderen so rüberkommen, weil sie so harmonisch wirken und Gelassenheit ausstrahlen. Ich empfinde keine aufgezwungene Zugehörigkeit, für mich ist das überhaupt kein Thema. Mir gefällt es, wenn viele an einem Strang ziehen und ich beschäftige mich mit ihnen, weil ich von ihnen lernen möchte.

Was ist, wenn du mal krank bist?
SM: Diese Frage kommt oft. Ich arbeite sehr gerne allein ;) und ich hab ja den ganzen Tag liebe Kunden bei mir. Ich habe eine Unfallversicherung und eine Krankheits-Ausfallversicherung. Und ich achte auf mich, meinen Körper mit genügend Ruhe, Yoga und gesunder Nahrung, bin fit und gesund.

Hinterhaus, zweiter Stock, Loft. Wie findest du deine Kunden?
Ich finde Kunden über Facebook, Mundpropaganda, meine Website und natürlich auch über Treatwell. Aber neue Kunden müssen sich gedulden, manchmal gibt es einen Termin erst nach 4-6 Wochen.

Du bist allein hier, dein Loft verträgt durchaus Mitarbeiter. Kein Interesse?
SM: Momentan würde ich eher eine Sesselmiete bevorzugen. Bis jetzt habe ich auch niemanden gefunden, der sich da so rein steigert. Jemanden fest einzustellen ist ja auch mit Kosten und Verantwortung verbunden. Und ich muss ehrlich zugeben, ich trau mich da im Moment noch nicht so richtig drüber.

„Ausbilden? Da sag ich lieber nein. Vorerst.“

Kommt Ausbilden in Frage?
SM: Naja, ich habe den "Ausbildner". Ich denke aber, wenn du ein Team mit mehreren Stylisten hast, dann können die bei jedem über die Schulter schauen, aber ich bin allein. Dann muss ich investieren, denjenigen zur Azubiwoche bei BUK nach Dresden schicken oder zu Meininghaus. Das musst du dann finanzieren und die Frage ist, ob du das alleine schaffst. Da investiere ich lieber in meine Ausbildung, bleib lieber allein und sage erst einmal: Nein. Aber wer weiß, alles ist möglich.

Aber wenn keiner mehr ausbildet…
SM: Ja, ich weiß. Wenn wir andere Unterstützung kriegen würden, ein anderes System hätten... Weißt du, ich könnte mich als Meisterin anstellen lassen und hätte es leichter, hätte die gleichen Finanzen. Aber dann kann ich eben nicht so arbeiten, wie ich möchte, mit dem Zeitaufwand und möglicherweise auch nicht tierversuchsfrei, silikonfrei, parabenfrei. Durch meine Trainerausbildung für die Industrie weiß ich ja, was da so drin ist und den Großkonzernen ist egal, was ins Abwasser kommt. Das war für mich ein wichtiger Punkt, ich möchte lange damit arbeiten können und wissen, worin meine Hände letztlich baden.

Wolltest du immer Friseurin werden?
SM: Ja, schon. Aber ich durfte nicht. Man muss ja etwas arbeiten, mit dem man Geld verdient! Ich habe eine Bürokauffrau-Lehre gemacht, aber nach 2 ½ Jahren abgebrochen und gesagt: so, ich mach jetzt mein Ding! Ich bin direkt neben den Rapunzel-Friseursalon gezogen und habe dort meine Ausbildung gemacht. Ich habe die ein halbes Jahr bearbeitet, damit die Chefin mich nimmt, weil sie keinen Lehrling mehr wollte. Jetzt hat Gitti ausschließlich Lehrlinge. (lacht) Für mich waren die von Rapunzel im Allgäu der beste Friseur. Cool, lässig, menschlich.

Du nennst dich Make-up Artist & Personal Stylist. Warum?
SM: Weil es das ist, was ich bin und ich persönlich finde, dass sich das besser anhört als „Frisör“.

Gibt es etwas, dass du aus Deutschland vermisst?
Die Klarheit und die direkte Art.

Womit machst du den meisten Umsatz?
SM: Mit Farbe und Schnitt Damen.

Interesse an Innungsarbeit?
SM: Hm..., weiß nicht. (sehr zögerlich) Man könnte dann natürlich was bewegen, vielleicht auch als Frau? Ich erinnere mich da an meine Meisterprüfung in Wien: Ich fand es damals krass, dass du da nur von Männern geprüft wurdest. In einem Frauenberuf (!). Noch dazu mussten wir ganz in Weiß auftreten, wo dann alles durchscheint. Das fand ich sehr diskriminierend. Ich finde, da sollte sich etwas ändern! Ich finde es schade, dass es da eigentlich nur Männer gibt, das schreit nach alten Machtgefügen.

„Ein Vorteil, dass Österreich da hinten nach ist!“

Du hast in Deutschland deine Ausbildung gemacht, in Österreich den Meister. Gibt es da Unterschiede?
SM: Der Vorteil der österreichischen Ausbildung ist, dass ich jetzt eine Perücke knüpfen kann. Das Lernen des Perückenhandwerks gibt es in Deutschland so nicht mehr, irgendwie ein Vorteil, dass Österreich da noch hinten nach ist. (lacht) Aber auch gut, das zu können! Immer mehr Leute verlieren ihre Haare und du könntest weiterhelfen. Klar, krieg ich das alles auch billig im Internet, aber ich kenne die Materie.

Irgendwie ein schönes Schlusswort. Viel Erfolg und DANKE, Sabine!

Fakten:

  • geboren und aufgewachsen in Süddeutschland
  • Make-Up Artist, Personal Stylist, Friseurmeisterin
  • seit 2001 Wien: u.a. GmbHaar, Peter Maritz, Stuhlmiete bei Warmuth Firseure
  • seit 2014 selbstständig | 1 Salon Loft „Schminks“, Wien 8. | keine Mitarbeiter
  • Werbesachen, Commercials, Fotoshootings