Credit: Martin Steiger

18.03.2021

Marco Felice: Salons sollen erst mal gesunden!

Ein Resümee nach 4 Jahren Kao Austria Geschäftsleitung und ein privates Jubiläum. Raphaela Kirschnick im Gespräch mit Kao Österreich Geschäftsführer Marco Felice zum 40ten Geburtstag …

Marco, FriseurInnen arbeiten wieder. Wie schaut es bei euch aus?
Marco Felice: (lacht) Wir waren nie untätig! Schon im Vorfeld waren wir sehr fleißig, um der richtige Partner in der Krise und natürlich auch danach zu sein. Dafür haben wir uns immer wieder gefragt: wie schaut die Welt danach aus? So haben wir während des Lockdowns Virtual Education ausgebaut und genutzt, um KundInnen gezielt zu informieren und intensiv weiterzubilden. All das können unsere Kunden nun direkt in den Salonalltag einfließen lassen.

Und wann startet die persönliche Education wieder?
MF: Seminare waren ja nie wirklich verboten. Wir haben vor jedem Salonseminar evaluiert, was möglich ist oder eben nicht. Aber ganz wesentlich gerade im Schulungsbereich war es Abstandsregeln gut einhalten zu können, Hygienemaßnahmen sind eh selbstverständlich. Grundsätzlich haben wir im Lockdown Salons, die das wollten, geschult. Da gerieten wir auch einmal in eine Kontrolle mit der Polizei.

Ihr seid von der Polizei kontrolliert worden? Ist alles gut gegangen?
MF:
Ja! Das waren ausschließlich angemeldete Schulungen. Der Abstand war da, alle trugen eine Maske, waren getestet und natürlich hielten wir uns an die geltenden Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen. Weiterbildung war erlaubt, das wussten nur viele nicht.

Wie verlief 2020 umsatztechnisch? Welchen Schaden hat euch Corona zugefügt?
MF: Naja, sagen wir’s mal so: Die Wochen, in denen die Salons geschlossen waren, fehlen uns natürlich.

Also seid ihr mit einem Umsatzverlust ausgestiegen?
MF:
Ja! Im Vergleich zu den Vorjahren verzeichnen wir natürlich einen Umsatzrückgang. Wir machen über 90% unseres Umsatzes mit Salons, wenn die nichts zu tun haben, wirkt sich das natürlich auch auf den Industriepartner aus.

Ihr habt im Lockdown ein neues Produkt/ Dienstleistung eingeführt mit  NUWAVE. Wie ist das angelaufen?
MF: Dafür, dass Lockdown war, eigentlich ganz gut. Das hat uns die Möglichkeit gegeben, in dieser Phase des Lockdowns die Schulungen mit viel Zeit digital zu machen und in den Salons die Serviceleistung vor Ort zu schulen. Das ist ja immer der beste Weg, wenn man ein Team Hands-On vor sich hat. Das Schulen sogar nachhaltiger. Wir sind auch schon in den Startlöchern (Launch ist April) für LightDimensions, unsere Hochleistungsaufhellungsprodukte für eine schnellere und schonendere Aufhellung um bis zu 9 Tonhöhen.

Nachhaltiger? Inwiefern?
MF: Früher, wenn wir Innovationen gebracht haben, wollte das jeder so schnell wie möglich haben. Da kamen wir manchmal Education-technisch gar nicht nach – man braucht ja ausführliche Beratung. Jetzt war der Prozess entschleunigt. Die FriseurInnen haben sich die Zeit genommen und wir konnten step-by-step schulen und viel stärker in die Tiefe gehen.

Zum Thema Welle: Auf wie viel Offenheit trefft ihr im Markt mit dem Thema Dauerwelle oder dauerhafte Umformung?
MF: Es ist ein sehr großes Thema, obwohl wir das Wort Dauerwelle nicht so gerne verwenden, das klingt nicht sexy. Es ist die neue Welle und nicht die alte Dauerwelle. Das Thema ist sehr groß, viele Neukunden, klopfen an.

Was ist der Unterschied zur Dauerwelle?
MF:
KundInnen wollen oftmals keine dauerhafte Umformung. Sie wollen die Haare mal so, mal so mit Bewegung und Volumen tragen. Das ist das, was es so spannend macht, denn ►NUWAVE bietet beide Möglichkeiten. Wenn KundInnen dauerhafte Wellen bis zu 6 Monaten möchten, dann nehme ich die herkömmliche Dauerwelle. Wenn KundInnen leichte Bewegung im Haar möchten, so als Einstiegssequenz, dann greife ich zur NUWAVE. Friseure punkten hier mit professioneller Beratung und können auf den Kundenwunsch individuell eingehen.

Was dürfen wir von Kao 2021 noch erwarten?
MF: Ihr könnt viel von uns erwarten, aber erst mal müssen wir einen Schritt zurück. Für uns spielt die Salonrecovery (übersetzt: Genesung von Salons) eine sehr große Rolle. Wie können wir in dieser Zeit ein guter Industriepartner sein? Die Salons sollen erst mal wieder gesunden, dabei wollen wir sie aktiv unterstützen. Ein Punkt aus unseren Unterstützungsprogramm, ist z.B. auch, dass wir unsere Preise in 2021 nicht erhöhen, obwohl auch wir mit laufend steigenden Preisen konfrontiert sind. Wir wollen versuchen, hier etwas den Druck herauszunehmen!

Und Innovationen und Produkte laufen nicht weg. Jetzt zählt vorerst mal, dass sich die Besuchszahlen und -frequenz in den Salons wieder erhöht und dafür hoffentlich bald die richtigen Rahmenbedingungen vorherrschen.

Was könnt ihr tun, um die Branche zu retten?
MF: Momentan herrscht Flächenbrand. Es geht ja nicht nur uns so. Wir können aber mit dem unterstützen, was in unseren Möglichkeiten liegt. Wir stellen unseren KundInnen Hygienematerialien wie Desinfektionsmittel, Masken, Einwegumhänge teils kostenlos zur Verfügung. Wir haben uns auch mit ►einem offenen Brief an die Politik gewandt! 

Zum Thema Kurz-Brief: Habt ihr jemals eine Antwort auf euer Schreiben erhalten?  
MF: Ich habe gewusst, dass die Frage kommt: Nein, wir haben noch keine Antwort erhalten. Ich habe auf die Schnelle auch gar nicht damit gerechnet, dass sich Herr Kurz bei uns meldet. Aber ich bin überzeugt, dass wir ein kleines Zeichen gesetzt haben.

„Die Lehrjahre sind vorbei“

Marco du bist in diesem Jahr 4 Jahre Geschäftsführer von Kao Austria. Wenn du ein Resümee ziehst, wie würde das lauten?
MF: Ich mache das nach wie vor gerne, aber die Lehrjahre sind vorbei. Es ist viel passiert, im letzten Jahr war das natürlich ein Wendepunkt, den es so noch nie gab. Dinge wurden beschleunigt, es musste schnell reagiert und angepasst werden. Es ist noch nicht festgelegt, wie die neue Normalität ausschaut. Ich kann da nur betonen, wie froh ich bin, so ein gutes Team zu haben, das mitzieht, das agiert und flexibel auf die meisten Dinge reagiert.

Deine nächste Tat?
MF:
Wir müssen schauen, wie Dinge wieder planbar werden können, als Unternehmen, aber auch für unsere KundInnen. Wenn wir Themen weiterhin gut angehen, wird sich das auch im Erfolg widerspiegeln.

Die 4 bleibt dir treu, du wirst 40!
MF:
Ach, das ist nur eine Zahl, ich hoffe, dass die Midlife-Crisis ausbleibt. Ich bin zufrieden, habe eine tolle Familie und versuche, Arbeit und Familie gut gemeinsam zu schaukeln und meine Lebensträume so für mich zu erfüllen. Ich freue mich, dass es meinen Liebsten soweit gut geht und damit bin ich schon happy.

40 Jahre, das heißt du hast noch round about 25 Jahre zu arbeiten. Hast du vor, in die Fußstapfen von Herrn Hoog zu treten, und das Urgestein von Kao Austria zu werden?
MF: Meine Vorgänger haben einiges erreicht, was ich zeitlich nicht mehr erreichen werde. Aber ich arbeite gerne bei Kao, der Betrieb ist sehr mitarbeiterInnen- und familienfreundlich. Hier schreibe ich gerne die Erfolgsgeschichte meines Vorgänger ►Walter Hoog, weiter. Ich habe auf jeden Fall vor, so viel wie möglich noch zu bewegen.

MitarbeiterInnenfreundlich… ..nicht umsonst wurde die Kao Corporation schon zum 15. Mal zu einer der ►„Most Ethical Companies“  gekürt!
MF:
Ja genau, da sind wir sehr stolz drauf! Wir schauen sehr viel auf unsere MitarbeiterInnen. Und unsere Work Life Balance funktioniert gut!

Was lief im vergangenen Jahr nicht optimal?
MF: Ich hätte mir oft gewünscht, dass Informationen schneller da sind, es war doch vieles sehr abrupt. Wir haben drei Tage vorm Aufsperren erfahren, dass man öffnen darf, das gleiche mit den Salonschließungen. Wir haben immer versucht, möglichst viel zu kommunizieren, auch wenn manches noch nicht ganz klar war, um die Unsicherheit zu nehmen. Das hätte man seitens der Regierung besser regeln können. Das Schwierigste für alle war definitiv die Kommunikation und noch schlimmer die Falschkommunikation.

Werdet ihr 2021 fokussiert digital bleiben?
MF:
Auf jeden Fall - die Virtual Education wird bleiben und als zusätzlicher Kanal zu unseren Programmen bestehen. Wir freuen uns auch, dass es die ►Kao Salon Global Experience als virtuelles Mega Event geben wird. In 2020 haben 20.000 StylistInnen live teilgenommen.

Ihr startet nun neben Haarkosmetik mit Tools! Was ist dabei euer Ziel?
MF:
Wir hatten schon immer unterstützende Haartools im Sortiment der Pro Edition. Varis ist eine neue Marke im Portfolio, um uns als Salonpartner abzurunden. Es werden auch noch weitere Tools in diesem Jahr folgen.

Können diese Tools auch verkauft werden oder eignen sie sich nur im professionellen Einsatz?
MF:
Ziel ist es eine Retailmarke zu bilden, damit die Leute zu Hause auch mit der richtigen Bürste oder Fön bzw. Glätteisen, die sie benötigen und vom Fachmann/Fachfrau empfohlen bekommen, arbeiten können. Die Rückmeldungen unserer Kunden sind gut und dies soll natürlich den Durchverkauf im Salon steigern.

Und dann habt ihr noch eine Luxusmarke mit Oribe. Ist es denn in der aktuellen Zeit schwierig, eine Luxusmarke zu platzieren?
MF: Nein! Es gibt ganz klare Rahmenbedingungen für die Marke und die Produktperformance ist herausragend. Das macht die Auswahl sehr selektiv und die Marke äußerst interessant. Anfang 2020 sind wir mit ►Oribe gestartet und konnten trotz des herausfordernden Jahres schon einige Partnersalons dafür begeistern, die sich mit dieser außergewöhnlichen Marke identifizieren und sehr erfolgreich sind. Dann kam der Lockdown. Oribe ist eine Marke, die nicht nur im Salon funktioniert, sondern auch Omni-Channel, das heißt wir sind auch z.B. in prestigeträchtigen Kaufhäusern wie KaDeWe in Deutschland oder Harrods in London vertreten, sowie auf exklusiven Online Plattformen.

Wie sieht es denn mit Hybrid Education aus?
MF:
Das funktioniert mit unseren Erkenntnissen gut. Die Leute waren ja ohnehin nicht mehr so gewillt zu reisen. Wir machen einen Teil digital und den anderen Hands-on im Salon oder auch bei uns in den Academies. Wir haben das nun in Österreich gestartet. Salons sind begeistert, sie sparen Reisekosten und können mehr MitarbeiterInnen schulen!

Na dann Alles Gute zum Geburtstag und weiterhin viel Erfolg für die nächsten 4 und 40 Jahre!