Credit: Die Fotografen | Charly Lair

24.03.2020

Kündigung mit Wiedereinstellungsgarantie versus Kurzarbeit

Die Tiroler Friseurinnung und Landesinnungsmeister Clemens Happ haben Vor- und Nachteile der einvernehmlichen Lösung versus Kurzarbeit zusammengestellt ...

Die Aufgabe der Tiroler Friseurinnung ist euch sachlich über die Vor- und Nachteile der einvernehmlichen Lösung und zur Corona Kurzarbeit zu informieren, damit ihr eine Entscheidung mit oder ohne euren Steuerberater treffen könnt, weil ihr kennt eure Mitarbeiter und eure finanzielle Mittel am Besten.

1. Einvernehmliche Lösung mit Wiedereinstellungsgarantie:

  •  Bei der einvernehmlichen Lösung muss der Arbeitnehmer zustimmen und sie ist jeden Tag möglich.
  • Der Arbeitnehmer erhält den Lohn bis zur Auflösung.
  • Der Arbeitnehmer erhält aliquoten Anteil vom Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld.
  • Sollte der Arbeitnehmer noch offene Urlaubstage haben, müssen diese auch noch abgerechnet werden.
  • Eine einvernehmliche Lösung mit einem Lehrling ist möglich, es braucht dazu die Zustimmung beider Erziehungsberechtigten und eine Belehrungsbescheinigung durch die Arbeiterkammer (sofern diese erteilt wird).
  • Bei einer einvernehmlichen Lösung ist es möglich, Abfertigung alt, offene Urlaubsansprüche sowie offene Zeitsalden zu Stunden, sofern mit dem Mitarbeiter eine Wiedereinstellungszusage oder eine Wiedereinstellungsvereinbarung getroffen wird. Jedenfalls ist klarzustellen, dass die Zeit der Arbeitslosigkeit für keinerlei dienstzeitabhängige Ansprüche gelten darf bzw. nachträglich angerechnet werden darf. Dies würde nämlich keine Beendigung darstellen sondern nur eine Karenzierung und damit den Wegfall des Arbeitslosengeldes zur Folge haben.

Nachteil Betrieb: Man braucht durch die einvernehmliche Lösung mehr liquide Mittel, weil aliquot die Sonderzahlungen und offene Urlaubstage bezahlt werden müssen.
Nachteil Betrieb: Wie reagieren die Mitarbeiter bzw. akzeptieren sie die einvernehmliche Lösung? Kommen sie wieder zum Betrieb zurück? Bei dieser Entscheidung spielt das Verhältnis Unternehmer zu seinen Mitarbeitern eine große Rolle.

Vorteil Betrieb: Nach den einvernehmlichen Lösungen muss der Betrieb keine Lohn- und Lohnnebenkosten mehr bezahlen, und daher braucht man weniger liquide Mittel.
Vorteil Betrieb: Sobald das Vertretungsverbot aufgehoben ist, könnten die Mitarbeiter wieder sofort eingestellt werden.

Nachteil Mitarbeiter: Er muss sich um die Abwicklung kümmern (Meldung beim AMS) und erhält von seinem Nettolohn ca.55%.

2. Kurzarbeit:

Am besten die Kurzarbeit im vollen Ausmaß nutzen (3 Monate), weil die Kurzarbeit auch einseitig vom Arbeitgeber nachträglich verkürzt werden kann. Bei 3 Monaten 10%-Kurzarbeit können z.B. die ersten 11 Wochen auf 0 Stunden gearbeitet werden,  die Mitarbeiter arbeiten in der Woche 12 dann 16 Stunden und 36 Stunden in Woche 13. Somit kommt man auf eine durchschnittliche 10% Arbeitszeit. Der Antrag kann bis zum 01.03.2020 rückwirkend eingebracht werden. Das Datum des Antrages mit dem Steuerberater genau besprechen, weil viele Mitarbeiter im März zwei Wochen gearbeitet haben und daher eventuell schon die 10% der Kurzarbeit erbracht haben.

Bei der Kurzarbeit wollen wir anhand eines Musterbeispieles zeigen, welchen Kostenanteil das AMS übernimmt und welcher Kostenanteil von Lohn- und Lohnnebenkosten der Betrieb zu zahlen hat.

Beispiel: ein Arbeiternehmer erhält vor der Kurzarbeit einen Bruttolohn von Euro 1.691,00.  Antrag auf eine 10% Kurzarbeit.

  • Der Arbeitnehmer erhält vor der Kurzarbeit einen Bruttolohn von Euro 1.691,00; das ist ein Nettolohn von Euro 1.342,99
  • Der Arbeitnehmer erhält bei der Kurzarbeit 90% vom letzten Nettolohn Euro 1.342,99, das ist ein neuer Nettolohn von Euro 1.208,69 (garantiertes Nettoentgelt). Dies entspricht einem Bruttolohn Euro 1.480,03
  • Gesamtkosten inkl. aller Lohnnebenkosten Euro 1.965,66.

Die Kurzarbeitsbeihilfe vom AMS beträgt pro Monat Euro 2.043,59 (entspricht Pauschalsatz Euro 13,11 mal 155,88 Ausfallsstunden im Monat). Allerdings sind darin ein Sechstel für die Sonderzahlungen schon enthalten.

Von den Gesamtkosten von Euro 1.965,66 (ohne Sonderzahlung) übernimmt das AMS Euro 1.751,65 (ohne Sonderzahlung).

Somit verbleiben beim Arbeitgeber Euro 214,01 Restkosten für 10% Arbeitsleistung.

Nachteil Betrieb: Der Betrieb überweist den auf 90% verringerten Nettolohn und die Lohnnebenkosten weiterhin an den Mitarbeiter. Dadurch braucht man liquide Mittel bzw. der Kontokorrent muss gedeckt sein oder erhöht werden. Die Vergütung vom AMS kommt zeitverzögert. Allerdings werden die SV-Beiträge des Arbeitnehmers für März, April und Mai 2020 verzugszinsenfrei von der ÖGK gestundet.
Nachteil Betrieb: Sollte ein Mitarbeiter während der Kurzarbeit krank werden, muss der Arbeitgeber während des Krankenstandes die Entgeltfortzahlung leisten. Das heißt, was der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit verdient. (= Entgelt Kurzarbeit und Kurzarbeitunterstützung). Es wird noch verhandelt, dass der Krankenstand in der Kurzarbeit drinnen ist.
ABER: Wird der Arbeitnehmer positiv auf Coronavirus getestet, wird er behördlich gemäß Epidemiegesetz unter Quarantäne gestellt. Er hat dann Anspruch auf denselben Lohn, den er erhalten hätte, wenn er nicht unter Quarantäne stünde, also Kurzarbeitslohn + Kurzarbeitsunterstützung. Der AG zahlt ihm weiter den Lohn aus, er erhält zwar dafür keine Kurzarbeitsbeihilfe, bekommt aber die Vergütung nach dem Epidemiegesetz, d.h. seine Lohnkosten werden für die Zeit der Quarantäne zur Gänze vom Bund übernommen. Vor und nach der Quarantäne gilt Kurzarbeit.
Nachteil Betrieb: Während der Kurzarbeit und innerhalb eines Monats nach Beendigung der Kurzarbeit kann der Mitarbeiter nicht gekündigt werden.

Verbrauch Alturlaub/Zeitguthaben:Die neueste Bundesrichtlinie des AMS sieht nicht vor, dass der Verbrauch des Alturlaubs oder Zeitguthabens vor der Kurzarbeit zwingend verbraucht werden muss. Seit Montag, 23.03.2020 hat sich die gesetzliche Grundlage geändert; seit 23.03.2020 kann der Arbeitgeber den Verbrauch von Zeitguthaben, von Alturlaub sowie 2 Wochen des Neuurlaubs einseitig anordnen (für maximal 8 Wochen). Zur Stunde setzt die Bundesrichtlinie des AMS dies aber noch nicht für die Kurzarbeit voraus.

Vorteil Betrieb: Die Mitarbeiter können weiter beschäftigt werden.
Vorteil Betrieb: Lehrlinge dürfen zum ersten Mal auch in die Kurzarbeit.                                             

Vorteil Mitarbeiter: Sie haben eine geringere Einbuße von 10% ihres letzten Nettogehaltes und haben keine Einbußen bei der SV (insbesondere Pensionsversicherung).

Die Wirtschaftskammer arbeitet mit Hochdruck an einem Kurzzeitrechner, um für Betriebe besser abschätzbar zu machen, welche Kosten auf sie zu kommen.

Erklärung garantiertes Nettoentgelt:
Arbeitnehmer erhält (von Arbeitgeber + AMS) ein Nettoentgelt, das abhängig vom bisherigen Bruttoentgelt gestaffelt ist:

  • Lehrlinge erhalten 100% des bisherigen Nettoentgelts,
  • bis zu Euro 1.700 brutto 90% des bisherigen Nettoentgelts
  • über Euro 1.700 bis Euro 2.685 brutto 85% des bisherigen Nettoentgelts
  • über Euro 2.685 brutto 80% des bisherigen Nettoentgelts
  • für Einkommensteile über Euro 5.370 (monatliche Höchstbeitragsgrundlage) gebührt keine Beihilfe.

Über den Ablauf erhaltet ihr demnächst Informationen. Bei Fragen jeder Zeit bei Clemens Happ (Landesinnungsmeister Tirol)  melden -> 0699/18165790

Weitere Autoren:
Mag. Patrick Rauter, Fachgruppengeschäftsführer
Werner Degler, Ausschussmitglied