Credit: Martin Steiger für imSalon

18.12.2014

Karin Dopplinger mitten im Wahlkampf - Interview

Warum man manche Geheimnisse für sich behalten sollte und warum Männer die besseren Netzwerker sind: Die Wiener Innungsmeisterin Karin Dopplinger steckt mitten im Wahlkampf und hat mit uns über Innungsarbeit und das Image der Branche geredet.

Im Gespräch mit Katja Ottiger
 

imSalon: Sie sind jetzt im 4. Jahr Friseur-Innungsmeisterin von Wien, die Neuwahlen stehen im Februar an. Der Wahlhickhack von Politik vs. Verbände scheint immer sehr kompliziert und wir verstehen ihn nicht ganz. Können Sie uns das etwas näher bringen?
Karin Dopplinger: Wir alle versuchen stets gemeinsam im Sinne der Friseure zu entscheiden, nur wenn die Wahlen anstehen und es um Reihungen und Spitzenkandidaten geht, kommt die Politik ins Spiel und jeder kämpft um jede einzelne Wählerstimme. Im Normalfall stellen Gruppen, die den großen Parteien zugeordnet werden, ihre Spitzenkandidaten. In meinem Fall ist das der Wirtschaftsbund. Es könnten aber auch Namenslisten zur Wahl antreten. Die Gruppe mit den meisten Stimmen stellt den/die Innungsmeister/in.

"Es kann nicht sein, dass in sämtlichen Zeitschriften beworben wird, wie einfach das Haare färben ist"

Was möchten Sie für Wiener Friseure mit Ihrer Arbeit erreichen? Gibt es ein Thema, das Ihnen hier besonders am Herzen liegt?
KD: In erster Linie das Image der Friseure nach außen hin stärken, denn nur so können wir dem Lehrlings- und Facharbeitermangel und in weiterer Folge dem Unternehmersterben entgegenwirken. Es kann nicht sein, dass in sämtlichen Zeitschriften beworben wird, wie einfach das Haare färben ist. Unser Beruf ist nicht einfach!! Der zweite Punkt, der mit sehr wichtig ist, ist einen fairen Wettbewerb unter den Kollegen zu gewährleisten. Die schwarzen Schafe herauszupicken, die unser Image mit Preisdumping ruinieren, ist aber mangelnder rechtlicher Möglichkeiten sehr sehr schwierig. Wir arbeiten ständig dran.
 
Eine gängige Meinung ist, dass in der Innung „Packerlwirtschaft“ vorherrscht und dass es nicht einfach ist, sich als „Außenstehender“ aktiv an der Innungsarbeit beteiligen zu können. Was meinen Sie dazu?
KD: Jeder, der in der Innung sitzt, hat sich zu Beginn als "Freiwilliger" ehrenamtlich eingebracht und ist irgendwann als "Außenstehender" in die Innung gekommen. Je nach Mitgliederanzahl gibt es eine bestimmte Menge an Mandaten in den Innungen. In Wien sind es im Moment 17 und die sind aufgeteilt in den Fraktionen. Ich selbst habe noch nie einen Anruf von jemanden erhalten, dass er sich aktiv in der Innungsarbeit beteiligen möchte. Erst jetzt durch die Wahlkampagnen haben sich ein paar Personen gemeldet, mit einigen habe ich bereits Kontakt aufgenommen, und da werden sich ganz sicher alle aktiv beteiligen können.

Eine gewisse Innungsmüdigkeit ist nicht zu leugnen, nur wenige Wiener Betriebe setzen sich mit der Arbeit der Innung auseinander – was macht Innungsarbeit eigentlich wichtig?
KD: Auf jeden Fall Bewegung - sonst würde sich ja gar nichts weiterentwickeln. Es ist sehr mühsam, alle Kollegen landesintern, bundesintern und sozialpartnerschaftlich auf einen Weg zu bringen. Da muss ich mich selbst auch noch in Geduld üben. Mir geht alles viel zu langsam, in einer Welt, die sich jedes Jahr immer schneller dreht. Das ist wahrscheinlich dann als Müdigkeit spürbar. Arbeiten tun wir auf jeden Fall genug. Ist halt manchmal auch viel Schmarrn dabei, der zeitraubend ist, der aber trotzdem gemacht werden muss.

Mehr und mehr wird der Ruf nach verkürzter Ausbildung für 16 Monate laut. Wie stehen Sie zu dieser Thematik?
KD: Die Ausbildung auf die halbe Lehrzeit gibt es schon seit vielen Jahren und ist ab dem 18. Lebensjahr möglich. Weniger als 18 Monate wird es nicht geben, da dieses Gesetz für alle Branchen gilt. Ich denke, dass 15-jährige so etwas nicht schaffen, aber bei Erwachsenen sehe ich da kein Problem. Sie haben sich bewusst für diese Ausbildung entschieden und gehen ganz anders an die Materie heran. Fordern viel mehr, auch von sich selbst und bringen die nötige Reife mit. Ich bin schon seit vielen Jahren in dieser Ausbildungsform als Trainer tätig und kann dies nur bestätigen.

imSalon: Stichwort Kompetenzorientierter Unterricht. Sie sind involviert in die Programme mit den Berufsschulen (z.B. Classroom 20.20). Welche Entwicklungen sehen Sie hier, was hat sich verbessert?
KD: In erster Linie fällt mir auf, dass das duale Ausbildungssystem lebendiger gestaltet wird. Die Lehrlinge haben mehr Freude am Schulbesuch, sehen direkte Zusammenhänge und können diese leichter umsetzen. Mich erstaunt jedes Mal, wie viele sich freiwillig für die Projekte melden. Und die Freiwilligen reißen mit ihrer Motivation immer ein paar andere mit.

"Mit einer Zigarre und einem Bier an einer Bar ist bei einem typischen Männergespräch schnell etwas vereinbart"

Wie sehen Sie das Thema Frauen in der Branche? Häufig sind Männer sind die Entscheidungsträger in einer Branche, die von Frauen zahlenmäßig dominiert wird. Fehlt es Frauen an Durchsetzungsvermögen?
KD: An Durchsetzungsvermögen fehlt es uns Frauen ganz bestimmt nicht. Männer netzwerken halt anderes. Mit einer Zigarre und einem Bier an einer Bar ist bei einem typischen Männergespräch schnell etwas vereinbart. Wir Frauen sind uns oft selber im Weg, sehr oft viel zu selbstkritisch. Männer putzen negative Feedbacks viel leichter ab. Da könnten wir uns einiges abschauen und uns nicht immer alles so zu Herzen nehmen. Bevor wir uns der Möglichkeit eines negativen Feedbacks aussetzen, lassen wir es lieber ganz. Schade! Grade in unserer Branche könnten Frauen viel einbringen.

Haben Sie eigentlich noch ausreichend Zeit für Ihr eigenes Salongeschäft?
KD: Freitags und samstags bin ich immer im Salon. Natürlich bleibt da leider auch einiges auf der Strecke. Bevor meine Mitarbeiter oder meine Kunden direkt davon betroffen sind, sind es halt Renovierungsarbeiten oder Werbeaktionen, die warten müssen. Leider kann ich auch nicht mehr so viel Zeit in meine eigene Weiterbildung stecken, wie ich es gewohnt war.

Was sind ihre Wünsche für die Branche?
KD: Von den Unternehmern würde ich mir wünschen, dass sie ihre Wünsche und Anliegen mehr an mich herantragen - und das rechtzeitig. Oft melden sich Unternehmer erst, wenn es zu spät ist, z.B. nach Gerichtsbeschlüssen. Wir haben dann keine Möglichkeit mehr, etwas zu ändern. Ich wünsche den Unternehmern außerdem, dass ihnen für die vielen tollen Leistungen die sie täglich erbringen, die gebührende Wertschätzung erhalten.

Von den Friseuren würde ich mir wünschen, dass sie nicht alle unsere Tricks verraten, für die jeder viel Geld investiert hat, um sie zu erlernen. Die Botschaft ist häufig "Es ist eh alles so leicht". Von einem Automechaniker wird man auch nicht erfahren, wie ein Ölwechsel funktioniert, sonst würde man so schnell nicht wiederkommen.

Und von den Berufsschulen würde ich mir wünschen, dass sie den Leitfaden, den die Unternehmer ausgearbeitet haben, mehr in den Schulunterricht einbinden. Das würde den Weg zur Kompetenzorientierung erleichtern.