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19.01.2023

Haare färben bei Jugendlichen unter 16: nicht verboten, nicht empfohlen – was nun?

Wie verhalten, wenn Jugendliche unter 16 Jahren ihre Haare, Brauen oder Wimpern im Salon färben lassen wollen? Was sagt das Gesetz? Was bewirkt eine Einverständniserklärung der Eltern?

Seit 1. November 2011 müssen Produzenten von Haarfärbemitteln ihre Produkte mit folgendem Satz versehen: „Haarfärbemittel können schwere allergische Reaktionen hervorrufen. Bitte folgende Hinweise lesen und beachten: Dieses Produkt ist nicht für Personen unter 16 Jahren bestimmt. (…)“.

Diese verpflichtende Kennzeichnung besteht seit Einführung der ►EU-Kosmetik-Verordnung, die im Juli 2013 durch die EG-Kosmetikrichtlinie abgelöst wurde. In dieser Richtlinie sind Verpflichtungen von Herstellern rund um kosmetische Mittel einheitlich und EU-weit geregelt.

Warum gibt es diesen Produkthinweis auf Haarfarben?

Da Haarfärbemittel für Erwachsene entwickelt und auf deren Bedürfnisse angepasst werden, gibt es ausschließlich für diese Personengruppe Erfahrungswerte in Bezug auf Hautirritation, allergische Reaktionen und Verträglichkeit. Obiger Hinweis soll die Personengruppe Jugendliche unter 16 Jahren schützen. Gleichzeitig ist der Produzent dank dieses Hinweises von jeglicher Haftung freigesprochen.

Wie ist die gesetzliche Regelung der EU-Kosmetikrichtlinie?

Im Grunde sagt diese Richtlinie, dass eine Kennzeichnung bzw. obiger Hinweis für Hersteller, innerhalb der EU, gesetzlich verpflichtend ist. Wird das Produkt aus einem Drittstaat importiert, muss der Importeur sicherstellen, dass der Produkthinweis auf der importierten Ware angebracht wurde. 

Diese Regelung ist jedoch kein gesetzliches Verbot für Anwender*innen unter 16 Jahren oder Dienstleister*innen wie Friseur*innen. Auch ist der Verkauf von Haarfarbe im Handel an Jugendliche unter 16 nicht verboten.

Welches Risiko besteht für Friseur*innen, wenn Jugendliche eine Farbveränderung erhalten?

Kommt es zu einer Beschwerde bzw. einer Klage in Folge einer allergischen Reaktion auf die durchgeführte Koloration bei einer Person unter 16, kann eine Haftungspflicht des Friseurunternehmers nicht ausgeschlossen werden. Diesem Risiko muss man sich als Salonbesitzer*in, bzw. ausführender Friseur*in bewusst sein.

Stellungnahme WKO/ Bundesinnung der Friseur*innen

"Kosmetikrechtlich handelt es sich um eine Kennzeichnungsbestimmung, die vorsieht, dass bestimme Produkte den Warnhinweis „Nicht für Personen unter 16 Jahren bestimmt“ tragen müssen. Daraus ergibt sich, dass es sich um einen obligatorischen Warnhinweis handelt, der in der Kennzeichnung aller Haarfärbemittel, die jene Stoffe enthalten, für die der Warnhinweis vorgeschrieben ist, aufscheinen muss."

Warnhinweis ist kein Färbeverbot

"Anzumerken ist, dass weder auf Unionsebene noch auf nationaler Ebene ein Färbeverbot im Kosmetikrecht vorgesehen ist. Dennoch ist die Einhaltung der Warnhinweise durch Endverbraucher gem. Art 2 Abs 1 lit e EU-KosmetikVO (Friseur*innen) dringend zu empfehlen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass bei Nichtbeachtung allfällige zivilrechtliche Haftungsansprüche (zB beim Auftreten allergischer Reaktionen) entstehen können. Eine Beratung durch den Friseur oder die Durchführung/ das Vorweisen eines Allergietests ist im Kosmetikrecht nicht vorgesehen.".

Wie verhalte ich mich, wenn Eltern ausdrücklich, eine Farbbehandlung bei Jugendlichen unter 16 wünschen?

Hier liegt die Entscheidung bei Salonbetreiber*innen bzw. Friseur*innen. Da es, wie oben schon erwähnt, kein Verbot gibt, unter 16-jährigen die Haare zu färben. Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass es zu einer Haftungspflicht kommen kann, wenn allergische Reaktionen auftreten.

Schriftliche Einverständnis der Eltern

Achtung: Auch wenn ein schriftliches Einverständnis vorliegt, ist eine Haftung nicht ausgeschlossen. Eine Einverständniserklärung dient lediglich dazu, bei einem Vorfall das Haftungsrisiko zu minimieren.

Sind meine Kund*innen alt genug, um eine Färbung durchzuführen?

Besteht ein Zweifel, dass Kund*innen bereits 16 Jahre alt sind, dann fragt einfach nach. Erklärt, warum es für euch als Friseur*innen notwendig ist, das Alter im Vorfeld eines Farb-Services zu kennen.

Erfragt das Alter bereits während der Terminvereinbarung eines neuen, jungen Kunden. Das ist auch der perfekte Zeitpunkt darauf hinzuweisen, dass ihr beim ersten Termin einen Blick auf einen Ausweis werfen wollt. Sollte der neue Klient*in jünger als 16 Jahre sein, dann bittet darum, dass ein Erziehungsberechtigter mitkommt.

Zusammengefasst: Es gibt kein generelles Färbe-Verbot für Jugendliche unter 16!

Man muss sich jedoch bewusst sein, dass man ein Haftungsrisiko eingeht: Sollte eine allergische Reaktion auftreten, kann man zur Haftung gezogen werden. Auch ein schriftliches Einverständnis der Eltern räumt ein Haftungsrisiko nicht vollends aus dem Weg, sondern kann dieses lediglich minimieren.
Somit liegt die Entscheidung bei den Salonbesitzer*innen, ob und wie sie im Salon damit umgehen.

Tipps aus der Praxis: Lizzy Lemon hat sich mit ihrem Partner Danny van Tuijl im Wiener Salon Ginger|Lemon auf extreme Kolorierungen spezialisiert. Das zieht auch ein großes, junges Publikum an. Sie erzählt vom Umgang mit jugendlichen Kund*innen und gibt im Interview, ► Lizzy Lemon: Farb-Kund*innen unter 16 – oftmals sind die Eltern die pushende Kraft, Einblick in die Praxis.