30.06.2022

Gina Aichbauer: Samstag geschlossen ist zeitgemäß

2021 stieg Gina Aichbauer auf die 4-Tage-Woche um. Samstags ist jetzt geschlossen, Kunden lieben die längeren Öffnungszeiten, Mitarbeiter sind happy und Gina findet neue motivierte Lehrlinge für ihren Salon. So wurde das Konzept erarbeitet …

Gina, du hast auf eine 4-Tage-Woche umgestellt. Seit wann?
Gina Aichbauer: Die 4-Tage-Woche habe ich bereits seit November 2021, da habe ich mein gesamtes Arbeitskonzept umgestellt. Mutig und offen für eine Veränderung habe ich diesen Schritt gewagt.

Mutig – was ist deine erste Erfahrung?
GA: Mega! Unsere Kunden lieben es! Ich habe die besten Kunden überhaupt, sie stehen hinter mir und finden mein Konzept toll, innovativ und der heutigen Zeit angepasst. Sie loben meinen Weitblick.

Nun heißt es immer, man will zum Friseur gehen, wenn man Lust hat. An welchen Tagen hast du noch geöffnet?
GA: Dienstag bis Freitag von 9 bis 19 Uhr. Samstag bis Montag ist geschlossen, da haben ich und mein Team frei. 

Und den Samstag vermisst niemand? Ist das nicht der umsatzstärkste Tag?
GA: War es einmal, ist es aber nicht mehr. Die letzten 5 Jahre habe ich gemerkt, dass der Samstag immer schwächer wurde. Ich hatte bereits länger samstags mit weniger Stylisten gearbeitet. Meine Kunden möchten am Wochenende lieber mit der Familie zusammen sein, wegfahren oder Sport betreiben und teilen sich den Friseurbesuch lieber unter der Woche ein, speziell die Frauen.

Was ist euer stärkster Tag?
GA: Dienstag, Donnerstag und Freitag. Ich habe meine Öffnungszeiten mit der 4-Tage-Woche geändert. Mit der Reaktion auf die gesunkene Nachfrage des Samstags haben sehr viele Kunden immer wieder gefragt, weshalb wir nicht früher aufsperren. Früher hatten wir erst ab 10 Uhr geöffnet, jetzt sitzen die Kunden gerne um 9 Uhr im Salon. 

Wie hat sich das auf die Arbeitszeit deine Mitarbeiter*innen ausgewirkt?
GA: Wir haben jetzt einen 10 Stunden Tag mit einer halben Stunde Mittagspause, das heißt meine Mitarbeiter können in 4 Tagen 40 Stunden arbeiten. Gemeinsame Arbeitszeiten fördern den Teamgeist. Meine Stylistinnen mit Kindern lieben natürlich den freien Samstag.

Gibt es Ausnahmen zu den Öffnungszeiten?
GA: Ja, wir sperren exklusiv für unsere Kunden am Samstag auf. Zum Beispiel in der Ballsaison oder für Hochzeiten. Dann kann die Braut mit ihren Freundinnen exklusiv den Samstag haben. Wir haben das natürlich im Team besprochen und wechseln uns an diesen Ausnahmetagen ab.

Wie ist das mit Krankenstand? Wenn deine Mitarbeiter krank sind, sind sie gleich 10 statt 7 Stunden krank, sind sie mehr krank, weniger krank?
GA: Viel weniger, außer im März, da war wegen Corona fast jeder krank. Ich merke in meinem Team, dass sie mit der 4-Tage-Woche viel motivierter sind. Sie haben 3 Tage am Stück frei. Wir sind auch im Team stärker zusammengewachsen, und sollte mal jemand ausfallen, übernimmt gerne eine andere Mitarbeiterin die vorgemerkten Kunden.

Wie sieht es aus mit Preiserhöhungen?
GA:  Ich habe demnächst einen Termin bei meinem Steuerberater, um das durchzukalkulieren. Die gestiegenen Strom- und Heizkosten, höhere Preise im Produkteinkauf, steigende Lohnkosten zwingen auch mich meine Preise anzupassen.  

Wie reagieren eure Kunden?
GA: Sie verstehen es. Die Reaktion ist, „Es wird eh alles teurer, eh klar, dass ihr auch teurer werden müsst.“ Preissteigerungen, Inflation ist derzeit in aller Munde.

Wie viele Mitarbeiter hast du momentan?
GA: Acht, mit mir neun.

Wie machst du das mit Lehrlingen? Alle unter 18 Jahren dürfen ja eine Tagesarbeitszeit von 8 ½ Stunden nicht überschreiten.
GA: Ich kriege jetzt Azubis, die 18 sind, viele mit Matura und entsprechend höherem Bildungsniveau. Das sind Mädels, die überzeugt diesen Beruf ausgewählt haben, mit dem Ziel top Stylisten zu werden. Auch profitieren Marura-Abgänger von einer verkürzten Lehrzeit.

Es fällt vielen nicht leicht, mal eben das gesamte Geschäftskonzept umzukrempeln. Was hat dir Mut gemacht?
GA: Die Gewissheit, es jederzeit wieder ändern zu können, sollte es nicht passen. Ich habe mir auch einen Unternehmensberater dafür genommen. Das Konzept ist schon sehr durchdacht und hat von der Idee bis zur Umsetzung sicher ein halbes Jahr gedauert, weil der Unternehmensberater natürlich alle Daten und Berechnungen auf- und niedergerechnet hat. Als er mir das „Go“ gegeben hat, habe ich mir gedacht „Gina, das machst du jetzt“. Ich habe in der Phase, in der ich umgestellt habe, keinen Mitarbeitermangel gehabt, sondern wollte einfach neue Wege gehen und glaube, dass die Livebalance in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. 

Liebe Gina, vielen Dank für Deine Insights und weiterhin viel Erfolg.