10.06.2022

Dr. Barbara Sturm: Bei Medikamenten lesen wir die Nebenwirkungen, beim Shampoo nicht

Dr. Barbara Sturm setzt sich für die Kopfhaut ein und hat eine eigene Kopfhautserie entwickelt, die von New Flag distribuiert wird. Welchen Herausforderungen sie sich dabei gestellt hat …

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Frau Dr. Sturm. Was hat sie dazu bewegt, von Skincare auf Haircare zu erweitern?
Dr. Barbara Stur:
Ich habe mir immer schon gedacht, die Haut hört ja nicht oberhalb der Stirn auf. Die Kopfhaut ist auch Haut und nur weil da Haare wachsen, heißt das ja nicht, dass da nichts stattfindet. Wenn wir uns vorstellen, was wir alles auf unsere Kopfhaut auftragen, von Shampoos bis Conditionern, Sprays und Stylingprodukten, dass wir unsere Haare färben und föhnen. Das ist ganz schön viel, was unsere Kopfhaut erschüttert.

Mit welchen Auswirkungen?
Dr.BS:
Wir wundern uns oft, wieso Haare ausfallen, wir Schuppen haben oder warum unsere Kopfhaut juckt. Es gibt so viele Dinge, die wir einfach nicht verstehen. Deswegen haben wir gesagt, wir machen eine Linie, die nur auf Kopfhautgesundheit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Performance eines Haarproduktes nicht vernachlässigt.

Mit welchen Herausforderungen waren Sie dabei konfrontiert?
Dr.BS:
Es war schwierig für uns diese Produkte zu entwickeln, weil wir natürlich gewisse Inhaltsstoffe wie Silikone, Sulfate, Mikroplastik, Parfums, Mineralöle nicht drin haben wollten, die Performance aber erwartet wird. Wie ersetzt man ein Silikon? Da haben wir lange dran gearbeitet und mehrere Firmen ausprobiert.

Und dabei auf was geachtet?
Dr.BS:
Mit Inhaltsstoffen gespielt, die hydratisieren, Haarausfall verhindern, gleichzeitig das Mikrobiom respektieren und kaputte Haare reparieren. Wir haben zum Beispiel eine kationische Hyaluronsäure in die Produkte eingearbeitet, die sich an den Haarschaft anlegt und dort auch nach dem Waschen bleibt.

Kann man Kopfhaut und Haare gleichermaßen pflegen oder ist es wichtig, dass man Kopfhaut separat vom Haar mit Produkten bedient?
Dr.BS:
Das hängt sehr stark zusammen, denn unser Haar beginnt auf der Kopfhaut zu wachsen. Dort befinden sich die Follikel, die während der ersten Wachstumsphase wichtig sind. Diese wird aber oft unterbrochen, weil Entzündungsreaktionen stattfinden. Wenn das passiert, kommt es zu Haarausfall oder dünnen Haaren. Kopfhaut und Haarqualität lassen sich nicht trennen.

Sie haben die Produktlinie zuerst in Amerika auf den Markt gebracht?
Dr.BS:
International, aber die USA ist unser größter Markt.

Ich habe das Gefühl, in den USA ist man viel offener für hochwertige Produkte für Haut und Haar. Sie leben und arbeiten dort halbjährig, spüren Sie da einen Unterschied?
Dr.BS: Ich glaube, meine Kunden vertrauen dem, was ich mache, die wissen, dass das effektiv ist und funktioniert. In Amerika geben sie auch dementsprechend Geld dafür aus.

Ein Shampoo kostet 55 Euro aufwärts. Was fehlt in Deutschland, um dem Friseur verständlich zu machen, wie wichtig das Thema Kopfhaut ist?
Dr.BS:
Das ist genau der Punkt, dass wir immer versuchen Probleme falsch zu lösen. Wenn jemand Schuppen hat, denken wir, die Person hat trockene Kopfhaut, aber das ist ein Mythos, das kommt von den Ölen in den Shampoos oder Conditionern. Es ist schon wichtig, den Grund von Disbalancen mit guten Inhaltsstoffen anzugehen. Dafür muss man bei der Kopfhautbalance anfangen. Da fehlt in Deutschland noch die Education. Friseure sollten viel besser in puncto Kopfhaut ausgebildet werden. Der Gynäkologe ist ja auch ein Arzt, das muss man so akzeptieren, Kopfhaut ist ein Organ.

Wieviele Produkte umfasst Ihr Komplettprogramm?
Dr.BS:
Wir haben drei Serien, eines gegen Haarausfall, das funktioniert auch bei genetischem Haarausfall, weil es die Phase 1 des Haarwachstums verlängert. Dann haben wir Super Anti-Aging, gegen geschädigte und behandelte Haare. Und wir haben eine Balancing-Serie. In jeder Serie gibt es Shampoo und ein Scalp Serum. Außerdem gibt es einen Hydrating Conditioner und eine Repair Hair Maske zur abschließenden Pflege, die mit jeder der Serien kombiniert werden können.

Sind Stylingprodukte geplant?
Dr.BS:
Das weiß ich noch nicht.

Was ist eigentlich ihr Background?
Dr.BS:
Ich bin Ärztin. Als Orthopädin komme ich eigentlich aus der anti-entzündlichen Medizin und das habe ich in die Haut gebracht. Entzündungsreaktionen machen unsere Zellen kaputt, verursachen chronische Erkrankungen und schädigen unser Immunsystem. Wir merken nicht immer, dass die stattfinden, aber müssen natürlich versuchen, die zu verhindern. Wenn ich mir die Haare färbe, verursacht das Entzündungsreaktionen.

Das klingt jetzt heftig. Der Friseur lebt von Haarfarbe, etc. Inwiefern setzen die Produkte da an, das wieder zu reparieren?
Dr.BS:
Das Gute ist, das kann man reparieren. Man bringt das Mikrobiom, die Hautbarriere wieder ins Gleichgewicht, man kann sogar Spliss reparieren.

Wieviel mehr Zeit sollte ein Friseur sich der Kopfhaut widmen während einer Behandlungseinheit?
Dr.BS:
Finde ich ganz wichtig. Ganz ehrlich, wenn mir ein Friseur erzählen würde, dass die Hautbarriere gerade geschädigt wurde und wiederaufgebaut werden muss und das mit diesem Produkt funktioniert, ich würde das sofort kaufen.

Sind denn Weiterbildungsmaßnahmen bei Friseuren geplant, also spezielle Seminare der Marke rund um das Thema Kopfhaut?
Dr.BS:
Das müsste man eigentlich machen. Ich arbeite mit New Flag zusammen, weil ich mich nicht darum kümmern kann, aber ich fände es gut, wenn man sowas angeht.  

Zum Thema Ausbildung: Viele Friseure haben Kopfhaut gar nicht auf dem Radar.
Dr.BS:
Das ist so traurig. Haut ist ein Organ, wir machen mit unserer Haut so viele Dinge, die wir nie mit unseren anderen Organen machen würden. Bei Medikamenten lesen wir die Nebenwirkungen, aber beim Shampoo machen wir das nicht.

Was war für Sie eine spannende Erkenntnis im Entwicklungsprozess von der Haut zum Haar?
Dr.BS:
Beim Haar ist es so, dass das Produkt ja auch eine Performance haben muss, es bringt niemandem etwas, wenn es gesund ist, aber nicht schön ausschaut. Die größte Challenge war Silikone zu ersetzen, das hat Jahre gedauert.

Wie kam die Zusammenarbeit mit New Flag zustande?
Dr.BS:
Die New Flag war mal Nachbar von uns in München und sind dann auf mich zugekommen, weil sie gerne was mit Sturm machen wollten.

Dankeschön liebe Frau Dr. Sturm für dieses spannende Thema!