Tetyana Aleksandrovych | Credit: Markus Wache

17.05.2019

Gewinnerin AHDA 2019 Avantgarde: Tetyana Aleksandrovych arbeitet lieber allein

Tetyana Aleksandrovych ist die erste Frau, die in Avantgarde der Austrian Hairdressing Awards siegt: Als Mutter mit Hang zu fließendem Blut und Horror, spricht sie über ihre Erfahrung...

Credit: Zur Verfügung gestellt von Tetyana Aleksandrovych

Was fasziniert dich gerade an der Avantgarde Kategorie beim AHDA?
Tetyana Aleksandrovych: Sie setzt Kreativität keine Grenzen! Du kannst deiner Vorstellung freien Lauf lassen, ohne eingeschränkt zu sein oder Kompromisse eingehen zu müssen. So kann ich genau zeigen, wofür ich stehe. Es macht mir sehr viel Spaß etwas Neues zu schaffen. Das bedeutet, es ist eine Herausforderung- und die liebe ich!

Wie lange hast du gebraucht, um die fertigen Looks zu erstellen?
Ich habe ja in zwei Kategorien mitgemacht, einmal in Kategorie Damen Nord-West und dann in Avantgarde. Für die Damenkollektion habe ich gesamt 1 ½ Jahre gebraucht, weil ich eine konkrete Idee im Kopf hatte: Eine Frau - vier Jahreszeiten. Meine Schwester hatte Haare bis zum Po und ich konnte Sie schneiden und färben, was sich aber als sehr aufwändig herausgestellt hat, da sie im Ausland lebt.
Bei Avantgarde habe ich über zwei Monate fast jeden Tag am Abend vier bis fünf Stunden an den Looks gearbeitet. Mein Motivator war der Satz meiner Schwester: „Schlaf wird überbewertet“ (lacht)

Was war die größte Herausforderung bei der Teilnahme?
Es war definitiv der zeitliche Druck. Ich habe zwar schon lange im Voraus begonnen an den Haarteilen zu arbeiten, dass es dann doch so lange dauert, habe ich nicht erwartet. Ich hatte eigentlich noch weitere Haarteile in Planung, aber das war leider zeitlich nicht mehr machbar.

Hilft dir deine Maskenbildner Vorkenntnis bei solchen Projekten weiter?
Vielleicht. Ich habe immer ein genaues Bild vor Augen. Deshalb arbeite ich auch meistens nicht mit anderen Menschen zusammen. Je mehr Menschen ich in die Arbeit einbinde, desto weniger wird das Resultat, so, wie ich es mir vorstelle. Alleine arbeiten dauert vielleicht länger, dafür muss man keine Kompromisse eingehen. Wenn man  jemanden fragt, sagen die doch immer, dass sie alles können und dann wird es im Endeffekt doch nicht so. Ich habe von mir selbst ein realistisches Bild und weiß genau, wenn ich etwas im Kopf habe, ob ich das kann oder nicht. Außerdem habe ich schon meinen eigenen Stil entwickelt. Ich mache oft sehr düstere Sachen und habe mir dieses Mal das Ziel gesetzt mehr Fashion zu machen ohne fließendes Blut und Horrorelemente…

„Wenn ich weiß, wie etwas gemacht wurde finde ich es nicht mehr interessant“

Du hast nicht damit gerechnet zu gewinnen. Warum eigentlich nicht?
Da gibt es einige Gründe: Allein, wenn man sich die Konkurrenz ansieht wie stark die sind, da war die Nominierung schon alles für mich! Ich habe die anderen Bilder genau analysiert und auch meinen Freunden und meiner Familie gezeigt. Die Meisten meinten „Top drei könnte sich ausgehen…“ aber man weiß es ja nie. Ich finde Serien toll, die man länger ansieht und wo man nachdenkt, welche Techniken angewendet wurden. Wenn ich überlegen muss, wie etwas gemacht wurde, finde ich es schon besser als meine eigene Serie. Wenn ich weiß wie etwas funktioniert, finde ich es nichtmehr interessant… Außerdem arbeite ich nicht mit Schwarzkopf. Auch wenn der Award unabhängig ist hat man das natürlich im Hinterkopf. Wenn man sich die großen Sieger ansieht, ist es ja schon immer sehr Schwarzkopf lastig…

Arbeiten, Familie und Vorbereitung – wie schaffst du das?
Gar nicht (lacht!) … Alles zusammen funktioniert nicht – es muss immer einer leiden. Es war schon gut, dass die Vorbereitung absehbar war und ein Ziel vor Augen war. Es war Stress zu Hause, denn entweder man ist eine schlechte Mutter oder eine gute Geschäfts- oder Ehefrau. Alles zusammen ist schwierig. Für mich habe ich entschieden, dass mein Kind glücklich sein muss. Der Rest muss sich danach richten, die sind erwachsen…

 

 

Du bist die erste Frau, die in der Kategorie Avantgarde gewinnt. Denkst du haben Frauen es schwerer sich in der Friseurbranche zu etablieren?
Ich bin sehr überrascht, dass genau in dieser Kategorie nicht mehr Frauen gewinnen! Frauen sind viel kreativer als Männer. Männer sind bei den technischen und grafischen Schnitten besser, aber gerade bei Avantgarde ist Multitasking gefragt. Deshalb wundert mich das schon... Wahrscheinlich ist es aber auf lange Sicht so, dass Frauen mehr Wert auf andere Dinge als Reisen und Karriere legen. Es ist eine persönliche Entscheidung: Will ich Karriere machen oder eine gute Mutter sein.

Was bedeutet der Award für den Salonalltag?
Ehrlich gesagt war ich jetzt im Urlaub daher kann ich das noch nicht sagen! Ich bin 20 Stunden angestellt und leite davon einen Tag die Lehrlingsakademie. Samstag bin ich im Salon und bediene Kunden. Ich war vor dem Sieg ausgebucht und das wird sich auch nicht ändern…Gesprächsmaterial hat man damit aber auf jeden Fall.

 

"Ich habe noch für 20 Jahre Ideen im Kopf!"

Würdest du wieder in der Kategorie mitmachen?
Na klar! Avantgarde ist meine Kategorie. Ich habe noch für 20 Jahre Ideen im Kopf! So lange ich mitmachen kann werde ich das auch tun. Bei anderen Kategorien kommt es sehr auf die Models an. Da muss alles passen von Model bis Schnitt und Farbe.

Was würdest du dir für die weiteren AHDAs wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass man bei der Einsendung die Möglichkeit hat auch kurz über seine Idee bzw. über den Hintergrund der Kollektion etwas zu sagen, selbst wenn es nur drei, vier Worte sind. Vielleicht hilft das, um die Visionen der Friseure zu verdeutlichen. Und bitte keine Toiletten mehr draußen, zum Glück hat es nicht geregnet!

Danke an Tetyana für dieses erfrischende und sympathische Interview. Wir sind gespannt, was wir die nächsten 20 Jahre an Kreationen bestaunen dürfen…