Credit: Martin Steiger

25.03.2020

Clemens Happ und die Stationen der Coronakrise

Der Tiroler Unternehmer schickt 22 Mitarbeiter in Kurzarbeit und widmet sich nun dem Überleben des Betriebes mit philosophisch positiven Gedanken…

Im Telefoninterview mit Raphaela Kirschnick

Clemens, Du bist Friseurunternehmer mit 22 Mitarbeitern in Hall in Tirol und hast als Innungsmeister ein Pro&Cons Corona Kurzarbeit versus Kündigung erarbeitet. Wofür hast Du Dich in Deinem Salon entschieden?
Clemens Happ:
Wir haben uns für Kurzarbeit entschieden!

„85-90% des letzten Nettogehaltes… das war für mich entscheidend“

Was hat Dich an Kurzarbeit überzeugt?
CH:
Das ist ganz einfach: Wir haben langjährige Mitarbeiter, die uns immer die Treue gehalten haben und immer zu uns und unserer Philosophie standen. Die Mitarbeiter erhalten in der Kurzarbeit 85%-90% ihres letzten Nettogehaltes und nicht nur 55%, wenn sie arbeitslos wären. Das war für uns dann entscheidend.

Wie war die erste Woche nach der verordneten Salonschließung für Dich?
CH:
Unser erster Schritt war es, die Mitarbeiter abzusichern. Dem habe ich die ganze letzte Woche gewidmet, Modelle durchgerechnet und Papierkram erledigt. Jetzt folgt die zweite Woche und die gilt dem Überleben als Unternehmer.

Welches sind Deine nächsten Schritte als Unternehmer?
CH:
Ich führe Gespräche mit der Bank, um unsere Liquidität zu sichern. Und ich nutze die Zeit, um möglichst viele Stundungen anzusuchen, beim Finanzamt, ÖKG, GIS und so weiter. Ich suche Reduzierung der SVS-Beitragszahlungen  und Einkommensteuervorauszahlung an. Ebenfalls kümmere ich mich um einen Überbrückungskredit.

Du wirst einen Überbrückungskredit nutzen?
CH:
Ja sicher, ich muss liquide bleibe, ich muss Gehälter vorstrecken und habe auch andere Kosten. Wenn die Krise vorbei ist, werde ich ausrechnen können, was ich davon noch brauche. Erst nach der Krise weiß ich, wie hoch meine Gesamtschulden sind und dann wird Schuldenabbau unser Thema sein. Ich vertraue auch auf die Regierung, dass es da noch weitere, nicht zurückzuzahlende Unterstützungen und nicht nur Stundungen/Überbrückungskredite geben wird.

Wie sind deine Mitarbeiter mit der Situation umgegangen?
CH:
Als ich ihnen mitgeteilt habe, dass wir in Kurzarbeit gehen, waren sie glücklich und dankbar. Sie sagten, wir haben jetzt frei und danach werden wir voller Energie für euch da sein, wenn wieder offen ist. Ich weiß, ich kann mich darauf voll verlassen und sie unterstützen uns.

Ist Online Education ein Thema in dieser freien Zeit?
CH:
Nein, das ist gar kein Thema.

Für wie lange hast Du Kurzarbeit angemeldet?
CH:
Für 3 Monate! Ich denke, es wird Ende April werden, bis wir wieder aufsperren. Ich gehe aber davon aus, dass es dann noch immer Beschränkungen geben wird, wie Mindestabstand, etc. Ab dann kann ich hoffentlich schon mit dem halben Team arbeiten und den Rest mit Kurzarbeit ausgleichen.

Wie denkst Du an die Zeit danach?
CH:
Ich schaue positiv nach vorne. Die Kunden werden wiederkommen und werden unsere Arbeit noch mehr schätzen. Das ist doch ein Gewinn für uns und die gesamte Branche.

Was erfährst Du persönlich in dieser Zeit?
CH:
Die Welt war überhitzt, der Coronavirus hat für uns die Reißleine gezogen. Der Virus verläuft bei den meisten Menschen mild, aber wir haben Verantwortung auf ältere und gefährdete Menschen zu achten. Der Coronavirus befällt die Natur und Tiere nicht. Der Virus zerstört keine Produktionsstätten, keine Geschäfte etc, aber er legt die Wirtschaft und Gesellschaft lahm. Das wird kein Zufall sein. Jetzt haben wir viel Zeit zum Nachdenken, was wir in Zukunft ändern müssen. Es wird ein harter Weg, aber nützten wir die Chance.

Clemens, weiterhin viel Erfolg, viel Gesundheit und soviel guten Positivismus in dieser ungewöhnlichen Zeit.

Zu Clemens Happ
Landesinnungsmeister Friseure Tirol
Geschäftsführer Friseur Happ Team, 22 Mitarbeiter, in Hall in Tirol