30.06.2013

Christine Wegscheider auf Solopfaden

Nach 13 Jahren headQuarters wandelt sie auf neuen Wegen der Kreativität und Inspiration im Wiener Freihausviertel - im eigenen Salon und ausgeglichener denn je.

„Eigentlich wollte ich mit 40 alles im Griff haben. Und jetzt komm ich mir vor wie ein Teenager.“


Ihr Name steht für Künstlerin, Trainerin, Kreativkopf. Als Mitbegründerin und Creative Director von headQuarters ist ihr Name wohl jedem in der Friseurbranche ein Begriff. Nach 13 Jahren Friseurschule geht sie seit Juni eigene Wege. Im 4. Bezirk in Wien, praktisch „ums Eck“, fängt sie noch mal ganz von vorn an und erfüllt sich mit ihrem Salon „Christine Wegscheider“ einen lang gehegten Wunsch und macht spätestens jetzt ihren eigenen Namen zur Marke.
 

Fakten:

Fashionshows für "Haarort-Tatort", Austrian Hairdressing Awards, Designer Tang de Hoo, Lifeball

Modenschauen der Abschlussklassen der Universität für angewandte Kunst

div. Mode- und Werbeshootings

Mehrfachnominierungen bei den Austrian Hairdressing Awards, AHDA Kategorie "Presse" 2012




imSalon: 13 Jahre HeadQuarters, 13 Jahre ausbilden, inspirieren, lehren. Jetzt hast du dich entschlossen, deinen eigenen Salon zu eröffnen. Warum?
Es war einfach Zeit. Ich wollte mich verändern, headQuarters hinter mir lassen. Ich fokussiere mich jetzt auf meinen Salon, gib Schulungen und mach Ausbildungen für´s AMS.

imSalon: Ein eigener Salon – ein lang gehegter Wunsch?
Ja, das war immer mein Traum! Ich wollte eigentlich ja nie Friseurin werden, sondern weiter auf die Schule gehen und Modedesign machen, aber wir waren 6 Kinder zu Hause und meine Eltern wollten, dass ich einen Beruf lerne. Also hab ich mir mit 16 geschworen, wenn ich schon etwas lernen soll, dann mach ich´s gescheit und bin mit spätestens 30 selbstständig. Und mein Salon ist genauso geworden, wie ich ihn mir vorgestellt hatte: Mit flexiblen Spiegeln und genug Platz, um auch Künstler einladen zu können.
Ich wollte nie „nur“ Friseurin sein, sondern mich mit Kunstprojekten beschäftigen und künstlerisch kreativ sein. Ich kann sagen, ich habe mit meinem Beruf zufällig die richtige Wahl getroffen.

imSalon: Wie fühlt es sich an, Salonunternehmerin zu sein?
Es ist für mich fast wie Urlaub: Ich hab nur zwei bis drei Kunden parallel, ich kenn fast alle und sie sitzen da und tratschen miteinander. Ich kann mich wieder auf das konzentrieren, was ich tu und hab nicht gleichzeitig zehn andere Köpfe im Kopf. Ich hab wieder Spaß meine Ideen zu verwirklichen. Ich spür, wie meine Energie für Kreativität zurückkommt, mir fallen wieder tolle Sachen ein und das ist mein Potential!

imSalon: Also wird es Kollektionen made by Christine Wegscheider geben?
Auf jeden Fall. Mein Kopf ist frei, ich habe Ideen.
Klar fange ich im Moment ganz neu und klein an. Ab Herbst plane ich feste Öffnungszeiten und möchte noch jemanden dazu nehmen, auch Lehrlinge ausbilden. Und ich werde nach wie vor für Fashion Shows arbeiten, Projekte mit Fotografen machen, Elite Modells unterstützen…

imSalon: Hast du ein Erfolgsrezept?
Immer alles aussprechen, wenn es Probleme gibt, sollte man darüber reden, und nicht warten, bis es eskaliert.

imSalon: Bevor du dich entschieden hast, vor 13 Jahren headQuarters mit zu gründen, warst du auch zeitweise im Ausland tätig. Welches Land hat dich am meisten beeinflusst?
England – dort habe ich die perfekte Verbindung zwischen Technik und Avantgarde kennengelernt.

imSalon: Welcher Friseur inspiriert dich?
Vidal Sassoon & Patrick Cameron.
Und als Inspirationsquelle der Neuzeit mit seiner „Hair Bible 74“: Oliver Szilagyi.

imSalon: Was heißt Friseurin sein für dich?
VERANTWORTUNG übernehmen: Vom ersten Moment an, bei deinem ersten Kunden oder Modell übernimmst du Verantwortung - auch wenn anfangs noch jemand daneben steht.
KREATIVITÄT – immer neue Ideen haben, nicht auf der Stelle treten – sich weiterentwickeln: individuell auf Menschen eingehen.
Meiner INSPIRATION folgen.

imSalon: Du bist Trainerin von video2hair. Was hältst du davon?
Es ist für mich ist das Medium der Zukunft - wenn du es mit Menschen verbindest, du brauchst den Trainer dazu, der schult und erklärt. Diese Videos sind ideal, zum nachschulen. Ich hab immer wieder das Problem, dass die Leute nach 3-4 Frisuren aussteigen und dort können sie sich das noch einmal ganz in Ruhe anschauen. Und oder auch als Inspirationsquelle nutzen: denn manchmal sehen Frisuren extrem kompliziert aus, aber wenn du´s dir dann noch mal genau anschauen kannst – super! Und ich finde das Preis-/Leistungsverhältnis extrem gut, für 400 € im Jahr – das ist praktisch nix!

imSalon: Dein wichtigstes Werkzeug?
Meine Stimme.

imSalon: Schneidest du oder steckst du lieber?
Das kann ich jetzt gar nicht sagen, was ich lieber mag. Lustig finde ich, dass mich immer wieder Leute fragen: „Schneidest du auch?“. Das Einzige, das ich nach 26 Jahren Friseur von mir behaupten kann, ist, dass ich definitiv Haare waschen nicht mag!

imSalon: Was erfüllt dich in unserer Branche mit Stolz?
Dass wir so viele lustige Menschen sind, die positiv denken und inspirierend sind.

imSalon: headQuarters – der Name steht Österreichweit für exzellente Ausbildung. Viele Salonunternehmer bauen auf diese Qualität. Du hast maßgeblich die Entwicklung vieler junger Stylisten mitgeprägt. Was bleibt rückblickend?
headQuarters war für mich und meine Entwicklung absolut bereichernd. Und da hat May-Britt (M-B. Alroe, Mitbegründerin, Anm.) mich auch wirklich machen lassen. Ich konnte meine ganzen Ideen ausleben, künstlerische Projekte umsetzen und die kreativ treibende Kraft sein. Dadurch, dass wir bei headQuarters mit den Studenten so viele Projekte gemacht haben, bin ich ja auch selbst besser geworden. Für mich war es immer wichtig, ihnen beizubringen, dass Friseur sein wirklich weit mehr ist, als Haare abschneiden!!! Wir haben Sachen gemacht, die nicht zum „normalen“ Unterrichtsplan gehören. Wir haben uns im Bastelladen Materialien besorgt und haben eine Woche lang nur gebastelt. Ich hab mich immer wieder gefragt: Wie geht’s leichter, schneller, besser? Welche Materialien verwenden wir? Ich hab angefangen, die Haare zu stricken, zu häkeln, anders zu stecken, hab Ausbildungs-Richtlinien erstellt, immer nach neuen Wegen und Möglichkeiten gesucht.
Ja, und so entwickelst du dich eben immer weiter…

imSalon: Dein Tipp an junge Friseure?
Habt keine Angst davor, immer wieder etwas Neues zu versuchen, lasst Euch nicht von Eurem Weg abbringen und bleibt konsequent! Was ihr mitbringen müsst, sind Geduld und Übung und den Willen Techniken zu erlernen. Technik verhindert viele Fehltritte und macht den Kopf frei für Kreativität.
Und: Wir haben einen total schönen Beruf! Wir haben jeden Tag die Möglichkeit, Leute glücklich nach Hause zu schicken.

Das Interview führte Katja Ottiger

Juli 2013