29.02.2012

Christian Sturmayr: Wie viel Inhalt hat dein Tag?

Es gibt wohl niemanden in der heimischen Branche, der seinen Namen nicht kennt. Seine Kreationen zieren die Laufstege internationaler Modenschauen und Fashion-Events. Die Liste seiner prominenten KundenInnen ist lang. Mit seinem erfolgreichen Konzept RED LEVEL by STURMAYR mit österreichweit 8 Salons verbucht er zusätzlich auf der unternehmerischen Seite ein beachtliches Plus. Seine Stationen: -Lehre bei Grecht -Toni&Guy London; Session Stylist New York, Paris; Creative Art Director Barcelona -Fashion Weeks London, Paris, New York, Mailand, Berlin -Haute Couture für Armani, Burburry, Louis Vitton, Roberto Cavalli, Missoni, Hugo Boss....

Du hast mit noch nicht einmal 30 Jahren in der Branche beinahe alles erreicht. Was ist dein Erfolgsrezept?
Am Boden bleiben, mich nicht immer in den Vordergrund stellen und anderen den Vorrang lassen. Mich selbst von außen zu betrachten und zu reflektieren. Ganz wichtig: ehrliche Freundlichkeit. Und nie aufhören, anderen zuzuhören und dazu zu lernen.

Du bist Friseur in der 7.Generation. War dir immer klar, irgendwann einmal der Familientradition folgen zu wollen und ist es dabei schwierig der Marke STURMAYR gerecht zu werden?
Aus diesem Grund bin ich bereits mit 15 Jahren von zu Hause weg, meinen eigenen Weg zu gehen war wichtig für mich. Ich hab früh gelernt, die Dinge mit mir selbst auszumachen. Dadurch bin ich sehr selbstkritisch geworden. Meine Eltern haben mich nie dazu bewegt, Friseur zu werden, die Entscheidung lag ganz bei mir. Und da mich bereits mit 2 Jahren Modenschauen fasziniert haben, kam es wohl, wie es kommen musste.
RED LEVEL by Sturmayr ist mein Konzept und mit diesem hab ich mich beweisen können. Seit ich im STURMAYR-Unternehmen aktiv bin, haben wir zudem die Akademie eröffnet und die Anzahl der Mitarbeiter verdoppelt.

Mittlerweile bist du Inhaber mehrerer RED LEVEL Salons in Linz, Wien, Salzburg und Villach, hast 100 Mitarbeiter unter dir. Wie gelingt dir der Spagat zwischen Salonalltag und deinen vielfältigen „Auswärtsspielen“ als Trainer und Stylist für internationale Fashionshows, Fotostrecken, TV…?
Mein Lebensmotto lautet: „Wie viel Inhalt hat dein Tag?“ und so nutze ich jede Minute in meiner Freizeit für Sport und Natur. Je nach Saison steht Mountainbiken, Kitesurfen, Ski fahren oder einfach nur in die Berge fahren auf dem Plan.

Du hast mehrere Jahre im Ausland gearbeitet. Was hast du dir aus dieser Zeit mitgenommen?Ich nehme mir von überall etwas mit, die Vielfältigkeit ist ja so oft überwältigend. Es gibt meiner Meinung nach, keinen Ort, von dem man sich nichts mitnehmen könnte. Wenn ich kategorisieren müsste, dann würde ich sagen: Aus London habe ich viel vom Schneiden mitgenommen, aus Paris das Föhnen, aus Spanien den Umgang mit kräftigem, südländischem Haar.
Besonders viel lernen kann man bei der Arbeit als Session Stylist. Hier arbeitet man mit so vielen unterschiedlichen Haaren und muss diesen ganz bestimmte Styles verpassen, ob es nun mit dieser Haarqualität geht, oder nicht. Man lernt dabei eine unglaubliche Vielfalt an Produkten kennen und diese gezielt einzusetzen und hat ein Riesen-Portfolio an „Knowledge“. Man kann hier nicht einfach mit seinen Lieblingsprodukten arbeiten, wie im Salon, sondern steht mit jedem Kopf vor einer neuen Herausforderung, was am besten zu nehmen ist.
Wie bleibst du technisch versiert?
Mein Berufsleben ist so vielfältig, ich nehme mir immer, bei jeder Arbeit, bei jedem Einsatz, etwas Neues mit. Und mein Vater ist mein ganz großes Vorbild, von ihm habe ich eine Menge gelernt.

Was sind deine weiteren Pläne?
Im nächsten Schritt möchte ich den Fokus verstärkt auf unsere Akademie und unser Kreativ Team legen.

Dem Sturmayr „Trend Award“ stellen sich alljährlich Lehrlinge und Stylisten aus dem gesamten STURMAYR-Unternehmen. Welches Konzept steckt dahinter?
Unser hausinterner „Trend Award“ ist ein Vorwettbewerb zum „Trend Vision Award“ von Wella Professionals. Unsere Mitarbeiter, im letzten Jahr nahmen daran 90 Mitarbeiter teil, können so auf sich und auf ihre Arbeit aufmerksam machen. Sie interpretieren die Trends und stellen sich in einer Liveshow der Bewertung unserer internen Jury.

Guter Nachwuchs in der Branche ist schwer zu finden. Wie könnte das Interesse am Friseurberuf geweckt werden?
Ich denke, es hat ein Generationenwechsel stattgefunden, den man berücksichtigen sollte. Es müssen neue Wege aufgezeigt werden, wie man eine Zukunft als Friseur individuell beschreiten kann.
Ich fühle mich zwischen beiden Generationen, etwa so wie ein „Missing Link“. Meine Generation hat von beiden Generationen recht viel mitbekommen. Ich denke, die ältere Generation macht häufig den Fehler mit den jungen mithalten zu wollen, wo sie doch eigentlich die Aufgabe hätte, verloren gegangene Werte weiter zu geben. Menschliche Werte wie Respekt, Höflichkeit und Freundlichkeit müssen vorgelebt werden, um zu demonstrieren, wie schön es ist, dieses in sich zu tragen.
Bei uns im Unternehmen haben Mitarbeiter alle Möglichkeiten und das zeigen wir ihnen klar auf. Allerdings muss man den jungen Leuten immer wieder klar machen, dass sie selbst der wichtigste Faktor dabei sind und die Möglichkeiten auch nutzen sollten. Geschenkt bekommt man nichts.

März 2012


Interview:Katja Ottiger