Credit: Chris Reger

16.06.2020

Anita Lafer: Extensions sind nur dann gut, wenn man sie nicht sehen kann

Extensions in Corona Zeiten, Subtile Bondings, Sylvie Meis und wie es ist als Frau und Mutter im Rosental Great Lengths zu führen - Anita Lafer im Gespräch mit Raphaela Kirschnick…

Frau Lafer, wie ging es Ihnen in der Corona-Zeit?
Anita Lafer:
Ich bin jetzt seit 25 Jahren im Geschäft und finde es erstaunlich, was wir alles so plötzlich ändern konnten. Man wurde quasi gezwungen, seine Arbeitsweise zu überdenken und die Möglichkeiten zu nutzen, die gegeben waren.

Great Lengths sitzt in Italien. Wie haben Sie mit den Kollegen kommuniziert?
AL:
In Videokonferenzen, diese ersetzten dieses ganze Hin- und Hergereise wunderbar. Produkte kann man frühzeitig verschicken und dann später in einem Videocall besprechen.
Für die Italiener war es weitaus schwieriger als für mich, unser Mailänder Marketing hat viel durchgemacht, da bin ich schon sehr dankbar, dass es bei uns nicht so schlimm geworden ist.

Hatte Corona Einfluss auf die Produktion?
AL:
Unsere Hauptproduktion ist in Österreich, also waren wir nicht direkt betroffen. Wir hatten den kompletten April geschlossen und alle Mitarbeiter in Kurzarbeit. Engpässe konnten vermieden werden, da wir unsere Großeinkäufe bereits getätigt hatten und unser Lager gefüllt war.

Und die Haarlieferungen aus Asien? Wird denn derzeit geliefert?
AL:
Das ist sowieso saisonal, denn die Haarauktionen finden nur ein paar Mal im Jahr statt. Unsere Partner sitzen in Indien, da waren kurz zuvor die Auktionen und die Ware ist noch rechtzeitig gekommen. So haben wir immer ein riesen-großes Lager mit genug Material. Wir sind immer gut vorbereitet, man kann ja nie wissen, wann die nächste Ladung Haare kommt.

Nehmen Sie etwas Gutes aus der Lock-Down Zeit mit?
AL:
Wir haben sogar ganz viel Positives erlebt. Unsere Kunden hatten Zeit und wir konnten mit ihnen ganz andere Gespräche führen als normalerweise üblich. Unser Newsletter wurden viel intensiver gelesen, wir hatten unglaublich hohe Click-Through Rates! Der Informationsbedarf war enorm und alle hatten Zeit.

Was hat Ihre Kunden bewegt in der heißen Corona Phase?
AL: Es gab zwei Extreme: Zum einen die totale Existenzangst und zum anderen die Entschleunigung. Viele nutzten diese Zeit, um sich zu verbessern.
Durch die mediale Bestätigung sind die Friseure gewachsen, das haben viele wahrgenommen und  wir haben das in einigen Aktionen thematisiert. Gerade wegen der ganzen Vorschriften, die dann kamen – und Corona ist noch nicht zu Ende – mussten wir uns alle gegenseitig helfen! Das Virus zwingt uns zum Umdenken!

„…Office Schooling…“

Wie haben Sie als dreifache Mutter die Corona Phase geregelt?
AL:
Meinen Sohn habe ich vier Tage in der Woche mitgenommen, er hatte sozusagen Office Schooling (lacht) und bekam mit, was ich so alles mache. Das war ganz schön spannend.

Sie sind seit 25 Jahren, also von Anfang an, bei Great Lengths?
AL:
Ja, ich habe als Prokuristin begonnen. Seit 2014 bin ich mit Matteo Antonino Geschäftsführerin und halte 30% Anteil am Unternehmen.

„Erst als es an das Thema Familie ging, ist mir bewusst geworden, dass wir Frauen im Nachteil sind.“

Wie haben Sie die letzten 25 Jahre als Frau in Führungsposition erlebt?
AL:
Dadurch, dass wir ein Nischenprodukt sind und derart mit dem Aufbau beschäftigt waren, habe ich das gar nicht so mitbekommen. Außerdem ich bin es gewohnt, mit Männern zusammen zu arbeiten. Erst als es an das Thema Familie ging, ist mir bewusst geworden, dass wir Frauen im Nachteil sind. Familienplanung und Führungsposition zu vereinen, ist in den meisten Unternehmen eher schwierig. Deswegen gibt es bei uns auch einen Betriebskindergarten (lacht)!

Wie organisieren Sie ihre Zeit zwischen Familie und Büro?
AL:
Ab 19 Uhr ist bei mir Familytime, spätestens (lacht)! Ich arbeite 4 Tage in der Woche, meist sind das dann auch nicht nur Acht-Stunden-Tage. Ich arbeite unter Zeitdruck, denn meist ist echt viel zu tun, aber ich will mir trotzdem Zeit für meine Familie nehmen und diese auch genießen.

Great Lengths wurde ja sozusagen vom Land aufgebaut. War das je eine Herausforderung?
AL:
Nein, nie! Ich wollte unbedingt in der Steiermark bleiben. Die ökonomischen Vorteile überwiegen zu unserem Vorteil, wozu sollte ich dann also woanders hin? Und von Anfang an war uns klar, wir müssen zum Kunden, nicht er zu uns, somit ist es egal, wo man sitzt.

Der Extensionsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert mit viel Wettbewerb aus Fernost – wie bleibt man da wettbewerbsfähig?
AL:
Viele Friseure haben mittlerweile verstanden, dass billig teuer kommen kann. Wir sind eine Haarveredlungsfirma in Europa, davon gibt es nicht viele! Wir haben den „Billig-Vorteil“ mit Technik wettgemacht und vor allem mit der Qualität unserer Produkte. Unsere Mitarbeiter, die zum Teil von Anfang an dabei sind, sind top ausgebildet.

„Extensions sind nur dann gut, wenn man sie nicht sehen kann.“

Extensions hatten ja lange Zeit ein „billiges Image“. Hat sich das gewandelt?
AL:
Das hat sich natürlich gewandelt! Früher ging es vor allem um die Haarlänge und am besten mit 200 Strähnchen und ganz blond. Heute geht es vor allem um die Frisur und die Fülle der Haare. Extensions sind nur dann gut, wenn man sie nicht sehen kann.  Es geht darum, dass ich die Frisur bekomme, die ich haben möchte und das ohne Einschränkungen.

Wie kam eigentlich die Zusammenarbeit mit Sylvie Meis zustande?
AL:
Sylvie Meis setzt schon seit 15 Jahren auf Haarextensions, um ihr Volumen aufzufüllen. Ich wusste ja nicht, dass sie unsere Great Lengths-Haare trägt. Wir haben Sylvie Meis dann angefragt und waren uns schnell mit ihrem Management einig – das war wie ein Geschenk für uns! Alles war stimmig und so authentisch, weil sie wirklich überzeugt von unseren Haaren ist.

Gab es Sylvie Meis‘ Rooted Extensions schon vorher?
AL:
Ja, die gibt es bereits seit 2008. Mit Sylvie Meis haben wir unsere Farbpalette aber erweitert. Farblich sind wir mehr ins aschige Blond gegangen, das aber trotzdem noch natürlich ausschaut. Sylvie Meis ist perfekt für diesen Look!

Great Lengths ist stark auf Mode positioniert. Ist ein Schritt in Richtung Zweithaar geplant?
AL:
Wir sind natürlich offen für alles, wir haben ja bereits ein Oberkopfteil. Dennoch sehen wir uns nicht als Zweithaarspezialist, das ist ein ganz eigenes Segment. Wir sehen uns im modischen Bereich mit Haarauffüllung, Volumen etc. und nicht in der Perückenabteilung. Das könnten wir gar nicht wirklich umsetzen.

„Subtile Bondings, nächster großer Trend…“

Was ist denn der nächste große Trend bei Extensions?
AL:
Was stärker wird, sind Ministrähnen, mit denen man unsichtbar arbeiten kann: „Subtile Bondings“, sagt Sylvie Meis dazu. Die sieht man fast gar nicht, einfach weil sie so natürlich verarbeitet sind.
Und wir erweitern ständig unsere Farbpalette, denn Färbetechniken werden immer stärker mit Extensions unterstützt. Kundinnen freuen sich doch, wenn Farbe länger als zwei Wochen hält. Und mit Extensions werden die Haare nicht in Mitleidenschaft gezogen, da kann man so oft färben, wie man will. Jedes Mal einen neuen Look zaubern, der immer anders ausschaut, ohne, dass die Naturhaare unnötig strapaziert werden, das ist mit unseren Produkten möglich.    

Wie viele Seminare geben Sie im deutschsprachigen Raum?
AL:
Unheimlich viele! Wir haben eine eigene Akademie, in der sich über 2.000 Friseure jährlich fortbilden. Unsere Ausbildungen starten mit einem Starter-Seminar gefolgt von Kompetenzseminaren. Einmal im Jahr ein Seminar zu besuchen, ergibt wirklich viel Sinn. Es ändert sich mittlerweile so viel in so kurzer Zeit – da muss man einfach Up-to-Date bleiben und nicht zu vergessen, die Extensionkundin ist die beste Kundin im Salon, da lohnt es sich!

Liebe Anita Lafer, vielen Dank für Ihre Zeit, ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und freue mich auf einen baldigen Besuch im schönen Steirischen Rosental!

 

Anita Lafer steht seit Beginn an der Spitze von Great Lengths, seit 2014 als Geschäftsführerin und Miteigentümerin. Aus der kleinen Niederlassung mit drei Mitarbeiterinnen hat sie ein Unternehmen gestaltet, das heute fast 100 Menschen beschäftigt und 5.000 aktive Salon-Partner in Deutschland, der Schweiz und Österreich betreut.