24.04.2019

Alles authentisch oder doch nur ein Werbe-Hype?

Wir haben uns durch die Werbekommunkation der Firmen gewühlt und stoßen immer wieder auf die selben Stichworte: Authentizität, Natürlichkeit, Nachhaltigkeit. Was hat es mit diesem Hype auf sich? Erleben wir hier den logischen Trend-Nachfolger von Bio&Natur oder ist morgen wieder alles vergessen?

Vegan, oder: Die schrullige Randgruppe wird Mainstream

Die Google Suche nach "vegan" hat sich in den letzten 5 Jahren vervierfacht. Rohvegane Frühstücksflocken, paleo-glutenfreies Brot sind nicht mehr schrullige Randphänomene, sondern das Standardrepertoire eines jeden mittelgroßen Supermarkts.

Veganer sehen ihren Lebensstil als bestes Mittel, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Hier mischen gleich drei Trends mit: Gesundheit, Umweltschutz und Tierschutz treffen sich und wachsen zu diesem Mammuttrend heran.

Vegane Haarprodukte klingt auf den ersten Blick albern, zumal sie ja nicht gegessen werden. Auf den Zweiten entdeckt man: Honig, Seidenpartikel, Kaviar-Extrakte, Tierversuche.

Dito bei Kleidung - wer will denn noch pestizitverseuchte Baumwolle direkt an der Haut seiner Kinder sehen? Vor 10 Jahren noch undenkbar, war doch Geiz-ist-Geil die oberste Prämisse.

Clean Eating ist bunt, frisch und voller gesunder Körner, da wird man doch glatt vor lauter Reinheit&Gesundheit mit jedem Chiasamen um ein Jahr jünger. Es gibt einem das ungute Gefühl, dass der dicke Schweinebraten der Oma ein unmoralisches Ungetüm ist. Wir sagen: Dem fehlt einfach ein gutes Marketing.

Luxus - immer wieder neu interpretiert

In den 1990ern musste etwas einen obligatorischen Goldrand haben, sonst war es kein Luxus. Eine Weile war etwas schon luxuriös, wenn es einfach so abartig teuer war, dass es sich Normalsterbliche nicht leisten konnten. Heute ist Luxus nicht mehr zu einer Elite zu gehören, sondern ein individuelles Selbst zu sein.

Luxus geht weg von den großen Marken. Die großen Influencer haben ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Micro-Influencer und kleine, schöne Bio-Brands stehen für echte Menschen, Ehrlichkeit, Authentizität und Bodenständigkeit. Firmen setzen auf Nano-Influencer, denn diese haben einen direkten Draht zu ihren Followern und sind als PR Mittel vergleichweise günstig.

Authentische Schönheit

Auf Instagram lässt #NoFilter grüßen - Echtheit statt gestellter Perfektion. Die großen Beauty-Brands setzen aktuell alle auf Authentizität.

Gillette kreiert einen Shitstorm nach dem anderen und zeigt adipöse Frauen, prügelnde Männer und rasierte Unterarme, Rücken und Nabel. Aufreger, ja - aber, und das zählt: Authentisch hoch 10.

Eine Kooperation aus Dove, Girlgaze und Getty Images hat den Hashtag #ShowUs kreiert, um authentische Frauen zu zeigen, sprich: Nicht nur ohne Make-up, sondern auch rund, farbig, alt. Die Werbekundinnen wollen sich selbst sehen, das hat das Marketing längst erkannt.

Dumm wären sie, wenn sie nicht Geld machen, womit Geld zu machen ist. Viele Bio-Gemüsehändler machen das auch nicht aus Nächstenliebe, sondern weil es einen Käufer gibt.

Was heißt das nun für Friseure?

Wie setzt man solche Trends im Salon um? Produkte anbieten, die den Kundenwünschen entsprechen ist das eine. Das andere ist es, der Kundin keine schöne oder trendige Frisur zu machen, sondern genau die, die zu ihr passt.

"Ehrlich sein, keinem etwas vormachen, einreden oder verkaufen", bringt es Priska Kunz in unserem Interview auf den Punkt.

Unser Fazit: In Zeiten von Insta-Filter, Botox-Wahn und Fake-News tut es gut zu wissen, das auch das Echte wertvoll ist. Eine Rückbesinnung und Entschleunigung, die hoffentlich auch den Druck aus dem "ich will genau so ausschauen wie Instaqueen Lola" - und das gibt FriseurInnen die Möglichkeit endlich wieder zu zeigen, worauf es in der Beratung ankommt: nämlich die individuellen Qualitätendes Kunden zu finden und hervorzuheben.