Credit: Günter Kresser

02.07.2014

Alexandra Scheiber: Der Weg als Ziel

Alex Scheiber (ehem. ALexandra Turri, Anm.) ist eine Macherin! Nach der "beinharten" Ausbildung (Zitat) bei der "strengsten Lehrerin", ihrer Mutter, hat sie mit frischgebackenen 18 Jahren ihre Flügel gespannt und ist weiter gezogen ...

Zuerst nach Salzburg zu Jaques Dessange. Mit 19 kamen dann die ersten Einsätze für L'Oréal Professionnel, anfangs als freie Mitarbeiterin, nach Meisterprüfung und Trainerausbildung war sie fix im Team der französischen Beauty-Spezialisten.

Lehren, Lernen und Unabhängigkeit liegen ihr: Mittlerweile ist sie selbstständig und gut gebucht als Make up- und Hairstylistin, Trainerin und Miteigentümerin der AvisuA Academy. Hin und wieder jyriert sie bei den Lehrligswettbewerben und macht praktisch nebenbei, nach dem "Master of eEducation", nun ihren zweiten Studienabschluss, den "Bachelor in Erziehungswissenschaften".
 

Fakten

freie Hairstylistin in Innsbruck

freie Trainerin für L’Oréal Professionnel

Unternehmerin: AvisuA Academy – Ausbildungen Hair and Make-up Artist

Trainerin Tiroler Meisterakademie

Masterstudium eEducation „Lernen und Lehren mit neuen Medien“

Bachelorstudium Erziehungswissenschaften

Div. Fotoshootings




imSalon.at: Alex, wozu den Bachelor in Erziehungswissenschaften?
Ich halte mir gern mehrere Türen offen. Schließlich verändert sich das Leben ständig. Das Freelancing ist nicht immer einfach, das brauchen wir uns nicht schön reden. Aber gerade weil ich selbst Trainerin bin und Wissen vermittle, ist es wichtig, selbst nicht stehen zu bleiben. Hinzu kommt, dass es bei mir auch die Überlegung gibt, irgendwann einmal in einer Berufsschule zu arbeiten.

imSalon.at: Eine Vorstufe dazu könnte die AvisuA Academy sein. Hier hast dich mit Partnerin Aline Egg selbstständig gemacht. Ihr bietet Ausbildungen zum Make up und Hairstylisten an, in kleiner exklusiver Teilnehmerbesetzung. Wieso beides?
Ja, gerade in ländlichem Raum ist es so, dass, wenn jemand einen Make-up Artist gebucht, er nicht noch gesondert einen Hairstylist dazu holt, es wird vorausgesetzt, dass man beides kann.


imSalon.at: Beispielsweise im Hochzeitsbusiness, in dem ihr beide gut gebucht seid?
Ja! Tirol ist ja sozusagen ein Wedding-Hotspot. In Kitzbühel und Umgebung wird gern und viel geheiratet. Gerade im Moment sind wir beinahe jedes Wochenende unterwegs. Und ich finde es unglaublich schön, einen ganzen Tag lang mit den Brautpaaren zu verbringen und rund um die Uhr für das perfekte Styling zu sorgen. Eine schöne Herausforderung.

imSalon.at: Inwiefern?
Nun, die Anforderung vieler Bräute ist: ich möchte ganz, ganz schön sein, aber nicht verkleidet ausschauen und meinem Stil treu bleiben… Nicht immer leicht. Aber Aline und ich sind meistens gemeinsam gebucht und ergänzen uns hier perfekt.

imSalon.at: Wie empfindest du das Image der Friseurin bei deinen Kundinnen?
Ich denke, dass die Frauen von heute Respekt haben vor dem, was wir leisten. Sie bewundern das Handwerk und den Job auf jeden Fall, weil sie das auch gern können würden. Und gerade an so einem Tag wissen sie das besonders zu schätzen!
 

"Es reicht nicht, einfach nur einen Make-up Ständer ins Geschäft zu stellen, da gehört auch ein Konzept dazu ... Friseure sollten sich generell als Imageberater positionieren"



imSalon.at: Wie siehst du das Thema Make up im Salon?
Viele Friseure versuchen, Make up Produkte anzubieten. Aber es reicht nicht, einfach nur einen Make-up Ständer ins Geschäft zu stellen, da gehört auch ein Konzept dazu. Ich denke, dass die Friseure generell mehr beraten sollten, nicht nur in punkto Haare, sondern auch bei Mode & Make up. Hier sollten wir Friseure uns positionieren: als Imageberater. Wo bekommst du das denn heute noch? Ganzheitliche Beratung in Schönheit und Stil?

imSalon.at: Machst du eigentlich noch etwas im Salon, um die Praxis zu behalten?
Momentan nicht. Ich überlege, im nächsten Jahr etwas mit Stuhlmiete zu machen. Aber derzeit studiere ich ja noch.
 

"Wir alle wissen, es ist nicht einfach, Arbeit, Privatleben und Weiterbildung unter einen Hut zu bringen. Man muss das Internet in Zukunft unbedingt einbinden."



imSalon.at: Weil du das gerade ansprichst: Studium Nr. 1, der Bachelor für eEdusation? Wie kannst du diesen nutzen?
Es wird immer wichtiger, die neuen Medien für die individuelle Ausbildung zu nutzen. Wenn ich beispielsweise mit meinen „Meistermädels“ zusammen arbeite, dann erstellen wir auf Facebook eigene Lerngruppen. Und ergänzend zu unseren Kursen in der AvisuA Academy produzieren wir kleine Videos, die wir via You Tube auch als Marketingtool nutzen können. Oder nehmen wir Andreas Innfeld: Er ist mit video2hair und seinen Onlineschulungen sicherlich einer der Vorreiter in der Branche. Wir alle wissen, es ist nicht einfach, Arbeit, Privatleben, Weiterbildung und am Ball bleiben unter einen Hut zu bringen. Man muss das Internet in Zukunft unbedingt einbinden.

imSalon.at: Also Mehrwert e-Learning?
Ja sicher! Das Tempo kann ich selbst bestimmen und meiner Lebensweise anpassen. Bin ich langsamer drück ich auf Stopp. Bin ich unterwegs, schau ich schnell mal mit iPad weiter … Ich kann individuell zeit- und ortsunabhängig lernen. So schaut die Zukunft aus.
Von L’Oréal gibt es da auch eine schöne Sache, die iColorist App. Leider bis jetzt nur auf englisch, aber hier findet man Produktinfos, Trainings Farbpalette, Timer, Infos zur Weißhaarabdeckung und verschiedene Trainings. Natürlich wird es noch ein paar Jahre dauern, bis der Umgang mit diesen Dingen selbstverständlich ist, das ist auch eine Generationenfrage. Aber so ziemlich alle Menschen haben mittlerweile Smartphone, Computer, Tablet.

imSalon.at: Aber wird das den Trainer ersetzen können?
Ich glaube, dass e-Learning allein nicht zielführend ist, sondern unterstützend sein kann. Lernen bedeutet Emotionen und Interaktion und den persönlichen Kontakt zu einem Trainer, der dir Hilfestellungen und Antworten gibt. Den wird man auch in Zukunft benötigen!

imSalon.at: Vor zwei Jahren bist du in Bildungskarenz gegangen. Wie kam es dazu?
Ich habe 6 Jahre als Trainerin gearbeitet und hatte Lust noch etwas Neues machen, weiter zu lernen. Also hab ich mich nach einem Selbsterhalterstipendium erkundigt, auf diesem Weg so von der Berufskarenz erfahren. Im Nachhinein bin ich sehr dankbar, dass L’Oréal mir das ermöglicht hat.

imSalon.at: Wie siehst du das mit Frauen auf der Bühne?
Es ist oft nicht so leicht auf die Bühne zu kommen und auch dort gute Frauen zu sehen. Für mich ist Laetitia Guenaou eine Korriffee, eine der ganz großen in unserem Business. Sie tanzt geradezu auf der Bühne, ihre Performance ist unglaublich, die Frisuren, die Bilder, die sie entstehen lässt – sie ist einzigartig! Heuer wird sie auch beim Insider in Wien dabei sein!

imSalon.at: Würdest du gern auf einer großen Bühne stehen?
Ab und zu ist es immer wieder schön, so wie bei BertramK, bei solchen Shows mit zu arbeiten. Mein Herzstück ist aber die Coloration und das ist direkt auf der Bühne kein Thema, das wollen sie Leute gute Schnitte und Hochstecken sehen. Colorationen kann man eher in einem Workshop vermitteln. Ich bin da lieber backstage und genieße es, die Farb-Resultate dann im Scheinwerfericht zu sehen.

imSalon.at: Was ist es, was dich an L’Oréal besonders anspricht?
Ganz primär steht bei L’Oréal steht immer die Schönheit der Frau im Vordergrund. Die Pflege der Haare und Haarstruktur, L’Oréal ist Immer stilvoll, glamourös und ästhetisch, klassisch, elegant und zeitlos.
 

"Preisfrisieren ein ganz ein tolles Training für Lehrlinge ist. Nicht nur handwerklich, sondern auch persönlich."



imSalon.at: Deine Mutter war erfolgreiche Preisfriseurin. Jetzt bist du selbst hin und wieder Jury-Mitglied bei den LLW´s. Selbst einmal Preisfrisiert?
Ja, im ersten Lehrjahr hab ich einmal mitgemacht, wurde sogar Bundessiegerin. Aber im Nachhinein fühlte ich mich gemobbt, als ich in die Berufsschule zurückkam und es ständig hieß: „Das hast du doch nur durch deine Mama geschafft!“ Ich wollte dann nicht mehr weiter machen.

imSalon.at: Wie siehst du Preisfrisieren heute?
Ich bin der Meinung, dass Preisfrisieren ein ganz ein tolles Training für Lehrlinge ist. Nicht nur handwerklich, sondern auch persönlich. Du brauchst Ehrgeiz und Disziplin und du musst den Mut haben, dich unter Druck mit anderen zu messen. Das hat mich sehr geprägt. Das Trainieren und der positive Stress beim Wettbewerb. Ich denke, dass es gerade für das 3. Lehrjahr eine gute Generalprobe für die Gesellenprüfung ist.

imSalon.at: Glaubst du, dass man das klassische Preisfrisieren auf ein moderneres Level führen könnte, ins Jahr 2014?
Nein, das glaub ich nicht. Es ist nichts für die Straße. Das handwerklich Perfekte, dass eben jede Strähne sitzen muss, dass man ein Kilo Haarspray braucht, damit alles passt. Das ist nun mal Preisfrisieren: Voluminöse Frisuren, denen man einen bunten Fächer ins Haar zaubert und bei den Männern eine riesige Bombage macht. Was willst du sonst für eine „moderne “Preisfrisur machen? Mit dem Glätteisen glätten oder mit dem Wave-Styler Locken machen? Das funktioniert nicht.
 

"Für das duale System wird es in den nächsten Jahren schwierig werden. Da kommt ein klarer Nachwuchsmangel auf uns zu, dem wir etwas entgegen setzen müssen!"

imSalon.at: Und wie siehst abschließend das derzeitige Ausbildungssystem?
Ich denke, dass das duale System kein zeitgemäßes mehr ist. Man muss sich die aktuelle Wirtschaftslage doch mal anschauen: Die kleinen Salons haben oft schon keine Mitarbeiter mehr, nehmen keine Lehrlinge mehr auf, auch deshalb nicht, weil sie das Gefühl haben, nurmehr Pflichten und keine Rechte zu haben. Für die Unternehmer bleibt im Salonalltag wenig Zeit, sich um die fundierte Ausbildung der Lehrlinge zu kümmern. Und man sieht ja auch, dass die wirklich guten Lehrlinge eigentlich in den Top Ten Salons der einzelnen Bundesländer zu finden sind. Ich wäre ja für eine mittlere Reife, so wie in Deutschland, dass man vor 16 Jahren mal gar nicht mit der Ausbildung anfängt. Und dann ein 2-Jahres-Colleg macht, dass man vielleicht sagt, es gibt einmal im Jahr ein Praktika, beim Friseur der eigenen Wahl. Ich denke, dass es für das duale System in den nächsten Jahren schwierig werden wird. Jetzt kommen die geburtenschwachen Jahrgänge, jeder will nur noch Matura machen. Da kommt ein klarer Nachwuchsmangel auf uns zu, dem wir etwas entgegen setzen müssen!


Fotocredit: www.alexturri.at | Günter Kresser

Interview: Raphaela Kirschnick und Katja Ottiger

Juli 2014